Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Persönlicher Jahresrückblick 2013

Gegen Ende eines jeden verdammten Jahres ist es wieder soweit, die Zeit der Jahresrückblicke. Sofern man nicht als blind und tauber Insulaner auf einer Hallig lebt, bleibt man von ihnen nicht verschont. Ob Radio, Zeitung oder Fernsehen, überall wird zurückgeblickt auf die vermeintlichen Höhepunkte der letzten 12 Monaten. Dabei betreffen einen die meisten der so genannten Ereignisse nicht mal. Ob der derzeitige Papst Benedikt oder Franziskus heisst, ist für mich als Protestant zum Beispiel völlig unerheblich. Bei vielen anderen Sachen ist es ähnlich.

Die Grundidee, noch mal vor Ende des Jahres innehalten und zurück zu blicken, was einen persönlich bewegt hat, was verändert hat oder an welchen Punkten Entscheidungen getroffen wurde, kann durchaus charmant sein. Statt also eines typischen Rückblicks die Momente und Ereignisse, die mich besonders aus den letzten Monaten in Erringung geblieben sind.

Das Jahr begann bei mir mit einer Fehleinschätzung, die mir mehre Monate nachhing. In einer der ersten Januarwochen meinte ich noch im Brustton der Überzeugung, der Winter wäre jetzt wohl vorbei und es würde weder kalt werden noch schneien. Das Ergebnis dürfte bekannt sein, denn es stellt sich als einer der hartnäckigsten Winter der letzten Jahre heraus, der bis weit in den Frühling hinein ging.

Im ersten Quartal trafen meine Frau und ich eine Entscheidung, die unser Fernsehverhalten erheblich veränderten. Nach einer Testphase mit lovefilm wechselten wir zu watchever. Auch wenn es immer mal wieder Schluckauf gibt, sind wir im Großen und Ganzen zufrieden mit unserer Entscheidung. Damit haben wir dann nicht nur eine beinahe IKEA-Musterwohnung, sondern sind auch beispielhafte Cloud-Nutzer. Evernote, spotify, Dropbox, Telefon via Voice over IP und jetzt auch noch Filme aus der Wolke. Für mich steckt dahinter auch die Einstellung, Dinge nicht besitzen zu müssen, wenn man sie benutzt. Ausleihen reicht.

Im Frühjahr kaufte ich mir dann ein iPad mini, auch als Ersatz für meinen bisherigen eBook-Reader. Für mich ist es das ideale Gerät, da es auf Grund von Form und Gewicht ein täglicher Begleiter ist. Nicht nur zum lesen, sondern auch für eine Menge Dinge darüber hinaus — darauf gehe ich dann gleich noch mal ein. Mir nützt kein iPad, welches dann aus unterschiedlichen Gründen zu Hause liegen bleibt. Ein hoch mobiles Gerät sagen ergänzt meinen Alltag als Pendler.

Um Ostern herum waren meine Frau und ich in Xanten, vor allem auch zur Nachrecherche für meinen allersten Lokalkrimi. Für mich war das ein sehr ernüchterndes Erlebnis. Entfernung wirken auf der Karten anders als in der Realität. Es macht zudem einen erheblichen Unterschied zwischen angelesenen und wirklich Erlebten. Vor allem der Archäologischer Park hat sich immens entwickelt, sogar eine Straße musste seinem Expansionsdrang weichen. Alles Dinge, die ich in meinem Krimi einarbeiten muss. Überhaupt in dem Zusammenhang festgestellt, wie viel Arbeit Überarbeitung macht, wenn man einen gewissen Anspruch hat. Bei den vielen schlechten Beispielen, die ich gelesen habe, möchte ich aber daran durchaus festhalten.

Erst am Ende des Frühjahrs begann ich damit, den Balkon zu begrünen. Ein Plan, der mich schon etwas länger beschäftigt. Die Pflanzen erfreuten uns dann bis in den September rein. Für mich als Landei ist so was immer ein schwieriges Unterfangen. Auf der einen Seite freue ich mich natürlich über einen grünen Balkon. Andererseits setzt der gerade auch im Sommer voraus, die Pflanzen wirklich täglich zu gießen. Zudem muss Unkraut gejätet werden. Beides habe ich meiner Meinung nach bereits in meiner Kindheit und Jugend zur Genüge getan. Es müsste eigentlich für mein ganzes Leben reichen. Da aber Pflanzen auf dem Balkon nicht nur besser wirken, sondern auch den Eindruck entstehen lassen, endlich mal irgendwo angekommen zu sein.

Anfang des Sommers fielen zwei Entscheidung parallel. Die Xbox 360 wanderte nach einem halben Jahr der Nichtbenutzung beziehungsweise der ausschließlichen Verwendung als Abspielgerät für watchever in den Keller. Ersetzt wurde sie durch ein Apple TV, eine Kaufentscheidung, die ich nicht bereut habe. Verbunden mit dem Abschied von der Xbox ging bei mir ein verändertes Spieleverhalten einher. Die Konsolentitel waren meiner Meinung nur noch ein mehr des Selben, wirklich originelle Titel fehlten, im Gegensatz zu iOS. iPhone und iPad entwickelten sich für mich zunehmen zu der Spieleplattform. Es geht weniger darum, wie gut sich ein Spiel steuern lässt, sondern welche Art von Spielen man mag. Schotter sind sicher auf dem PC oder der Konsole besser zu spielen. Aber Umsetzung von Kartenspielen wie Magic the Gathering oder Brettspielen wie Eclipse fühlen sich unter iOS deutlich besser an. Zudem überzeugte nicht das Verhältnis von Spielinhalt zum Kaufpreis. Für rund 4 Euro bekomm man einen Titel, der es inhaltlich locker mit einem Konsolenspiel für 60 Euro aufnehmen kann.

Der Sommer ist jedoch nicht dazu da, um vor der Konsole zu hocken, sondern raus zu gehen in die Natur. Das taten meine Frau und ich entsprechend auch in den Sommerferien. Wir entdeckten die Eifel für uns, was im Herbst noch ganz anderen Folgen haben sollte und vor allem auch den Kölnpfad direkt vor der Haustür. Wandern ist ein guter Ausgleich zur Schreibtischarbeit und vor allem ein sehr niederschwellige Sportart, die ohne teures Equipment auskommt. Nebenbei sind eine Menge Fotos in der Eifel und rund um Köln entstanden.

Am Ende der Sommerferien begann dann die heiße Phase des Wahlkampfs. Seit dem schrieb ich immer wieder Blogeinträge über die Partei, deren Mitglied ich bin. Konnte mich mit dem Wahlprogramm anfreunden, machte mit beim Straßenkampf und schrieb später um so deutlicher gegen die große Koalition an. Leider jedoch ohne Erfolg.

Richtig erfolgreich dagegen für mich war das Krimi-Seminar Anfang September bei Myriane Angelowski. Es ermutigte mich, weite rau machen. Gab ein paar Impulse für die Überarbeitung und sorgte noch mal als Fixpunkt für Kraft für den sich bereits am Horizont abzeichnenden November.

Im Rahmen der kleinen lit.cologne hörte ich mir einen Vortrag von Richard David Precht zum Thema Schulw und Bildungssystem an. Für mich war es gleichzeitig eine Bestätigung meiner Ansichten aus dem Studium wie aber auch ein grundsätzlich in Frage stellen meiner Entscheidung. Vielleicht hätte ich doch etwas bewegen können, wenn ich mich nicht von dem Plan verabschiedet hätte, selber Lehrer zu werden. Möglicherweise hätte es auch etwas gebracht, an der Uni zu bleiben oder dort eine Berufsweg einzuschlagen, der mich hätte ein Stück weit Bildungspolitik mitgestalten lassen.

Die Herbstferien mündeten in den NaNoWriMo, für mich der Schreibmonat, in dem ich mit meinem vierten Roman anfing. Zwei Entscheidungen aus den vorhergehenden Monaten wirkten sich hier aus. Mehr als die Hälfte des Textes im November schrieb ich im Zug auf dem iPad mini, dass sich nach Erfahrungen aus den Vorjahren mit dem iPhone und dem iPad als das beste Schreibgerät für mich erwies. Die erste Eifelwanderung zudem hatte Spuren hinterlassen, da wir dabei auf ein Holzkreuz im Wald stießen, dass für mich die Grundidee für meinen Plot bildete.

Am Ende des Novembers entdeckte ich dann etwas verschüttetes wieder neu für mich. Lange war es eingeschlafen, das Spielen von Go. Dank einer guten iPad App, meiner Einsicht, dass man auch auf einem 9×9 Brett glücklich werden kann und den noch immer ungelesenen 20 Jahre alten Go-Büchern gibt es für mich in dieser Hinsicht so was wie einen zweiten Frühling.

Vielleicht beflügelt auch der viele leckere Kaffee, Entschuldigung Espresso und Lungo aus unserer neuen Nespresso Pixie. Ein Entscheidung, bei der wir lange mit uns gerungen haben. Neue Kapselmaschine oder doch Vollautomat? Gewonnen hat am Ende eine rationelle Entscheidung und das Bedürfnis nach gutem Kaffee mit einer ordentlichen Cream für Menschen, die hauptsächlich am Wochenenden oder lauen Sommerabenden Espresso trinken.

Im Großen und Ganzen war das mein Jahr, mein 42. Lebensjahr, um genau zu sein, denn pünktlich mit dem Jahreswechsel — aber ich will jetzt nun wirklich nicht sentimental werden.

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