Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Karl-Theodor zu Guttenberg soll es also in seiner Doktorarbeit nicht so genau mit den Zitierregeln genommen haben. Zu meiner Zeit (und Guttenberg ist nur unwesentlich jünger) gab am Anfang des Studiums eine Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten und den korrekten Umgang mit Zitaten.

Als Tutor, der das nicht wenigen Erstsemestern beigebracht hat, weiss ich, dass man danach eigentlich nicht mehr vergisst, dass jede Übernahme fremder Sätze kenntlich gemacht werden muss. So was vergisst man nicht einfach. Vor allem nicht, wenn es auffällige große Passage sind, wie man sehr gut bei der Gegenüberstellung der Süddeutschen Zeitung sehen kann. Das ist nicht mehr peinlich, dass ist frech. Ein Mann, der als Minister so hohe Maßstäbe an seine Untergebenen stellt, sollte sich ernsthaft fragen, ob er diese selber erfüllt. Selbst wenn man mit vielen gutem Willen davon ausgehen würde, dass es ein „Versehen“ (weil Stress, Zeitdruck etc.) war, muss man zu dem Schluss kommen, dass jemand, dem solche Versehen unterlaufen, nicht tragbar ist.

Gerade als Autor bin ich äußerst empfindlich, was die Übernahme fremder Texte angehet. Was man bei einer jungen Frau wie Helene Hegemann noch auf Grund mangelnder Reife gerade so durchgehen lassen kann (wobei das auch nicht in Ordnung war), ist bei einem gestanden Politiker wie Guttenberg inakzeptabel. Bei der Recherche für seine Dissertation auch noch auf einen Stab von aus Zuträgern (die mit Steuergeldern für andere Zwecke bezahlt werden) zurück gegriffen zu haben, wie die SZ schreibt, macht die Vorwürfe nicht besser, sondern schlimmer. Allerdings scheint das wohl innerhalb der Union eine übliche Vorgehensweise zu sein, wie wir spätestens seit der Diskussion um die Doktorarbeit der Bundesfamilienministerin wissen.
Für den Herrn Minister wird es wohl keine Konsequenzen haben. Seine Partiekollegen fahren bereits scharfe Geschütze auf und werfen den Kritikern vor, sie würde auf diese Weise versuchen, einen Politiker, den sie ansonsten nicht greifen können, auf schmutzige Art zu beschädigen.

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