Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Vergleiche sind so eine Sache für sich. Unverfänglich sind sie nur bei Äpfeln und Birnen. Selbst darüber ließe sich jedoch streiten.

Christian Droste der Brieftaubenzüchter

Der Houdini des Fußballs — ein völlig dämlicher Vergleich, auch wenn der betreffende Spieler eine wäre Flut an Toren entfesselt. Genau so wie Person A mit einer anderen lebenden oder verstorbenen Person des öffentlichen Lebens zu vergleichen. Für diese Art der Vergleiche gibt es einen bestimmten Begriff, der mir gerade partout nicht einfallen will. Egal, unpassend sind die meisten Vergleiche auf jeden Fall. Vor allem auch deshalb, weil ein bestimmter Aspekt herausgelöst betrachtet wird. Im Falle von Houdini bezieht man auf sein Wirken als Zauber und Entfesselungskünstler. Der betreffende Fußballer wird sich wohl kaum im Kampf gegen Spiritisten und Wundergläubige hervorgetan haben — auch das ist ein Aspekt der Persönlichkeit von Harry Houdini gewesen.

Lassen wir den Fußball ungestraft im Raum liegen und wenden uns dem Tagesgeschehen zu. Über die 11-Jährige, die sich wie Anne Frank fühlt, weil sie ihren Geburtstag nicht im gewohnten Umfang feiern darf, schrieb ich bereits. Vergangen Samstag kam noch so eine Querdenkerin dazu. Mit ihren 22 Jahren etwas zu alt für einen Anne-Frank-Vergleich griff sie sich eine andere Person. Sie fühle sich seit Monaten wie Sophie Scholl.

Unangemessene Vergleiche unterlassen

Bitte was? Kann es sein, dass da jemand im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst hat? Zur Erinnerung: Sophie Scholl war eine Widerstandskämpferin gegen das Dritte Reich, die ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Im Schnellverfahren durch ein NS-Gericht zum Tode verurteil zusammen mit ihrem Bruder und noch am selben Tag durch Guillotine hingerichtet.

Vergleiche dieser Art sind für mich absurd, geschmacklos und vor allem geschichtsvergessen. Wenn Attila Hildmann ins Gefängnis muss, wird er vermutlich von seinen Anhängern als Nelson Mandela der BRD AG bezeichnet. Kinder, kommt doch einfach mal zu Sinnen! Etwas mehr Verstand kann doch nicht zu viel verlangt sein.

Wir leben in einer Demokratie, auch wenn AfD-Anhänger und anderes braunes Gesocks das zu unterminieren versuchen, etwa durch Einschüchterung von Abgeordneten im Reichstag. Unser Land ist nicht durch Maßnahmen zum Schutz gegen Covid-19 gefährdet. Die Feinde von Demokratie und Freiheit sitzen nicht in der Bundesregierung, sondern in der größten Oppositionspartei. Mit ihnen müssen wir uns auseinandersetzen, sie in ihre Schranken verweisen.

Wer die Bundesregierung infrage stellt, ist nicht automatisch ein Widerstandskämpfer, der um Leib und Leben fürchten muss. Kritik ist legitim, solange die Form gewahrt wird. Diskutieren kann man über fast alles. Mit jemanden, der sich für eine Art Sophie Scholl hält, allerdings nicht. Nicht wenige Querdenker scheint mittlerweile endgültig in Absurdistan angekommen zu sein.

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