Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Europa hat lediglich einen Traum vom Frieden in der Ukraine. Ein konkreter Weg dorthin fehlt auch zum Jahrestag.

Jahrestag des Krieges gegen die Ukraine

Heute vor einem Jahr startete Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Für mich ist es das Thema, welches mich heute beschäftigt — so wie in den letzten Monaten immer wieder. Nun setzt jeder von uns seine Prioritäten anders. Auf der Titelseite der Emder Zeitung war die dominierende Schlagzeile „Eine Woche Extra-Eiszeit in der Nordseehalle“. Zum Vergleich die Süddeutsche Zeitung mit ihrem auf Seite eins angekündigten Thema das Tages „Ein Jahr Krieg“.

Nun gut, die EZ ist, wie sie ist. Mich ärgert nur an manchen Stellen, wie nachlässig die Berichterstattung ist. Man brachte zwar auch etwas über PFAS auf Seite eins, schrieb dann aber von FPAS. Und dann hieß es noch, die Werte seine nicht ganz so neu. Klingt das eventuell, möglicherweise etwas verharmlosend? PFAS bauen sich so gut wie gar nicht ab und lagern sich zudem im Körper an.

Kommen wir aber zurück zum Jahrestag. Für mich ist es nach wie vor wichtig, auf eine kollektive Illusion hinzuweisen. Es war nicht nur die Regierung Merkel, die Russland blind vertraute. Wir alle wollten, wie in einem kollektiven Traum, das Märchen vom guten Putin glauben. Niemand von uns hat den Krieg kommen sehen und wenn, dann wollte es keiner glauben.

Naivität kann man uns freilich vorwerfen. Die meisten von uns haben allerdings relativ schnell gelernt. Andere dagegen werden morgen in Berlin demonstrieren gehen, dem Aufruf von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht folgend.

Ein Albtraum ist auch ein Traum

Im vergangene Jahr hatte Putin vermutlich den Traum, die Spezialoperation ließe sich schnell beenden und die Ukraine okkupieren, während die europäischen Nachbarn und die NATO tatenlos zusehen — so wie es schon bei der Annexion der Krim geschah. Wir hingegen hängen dem Traum vom Frieden nach. Einen Frieden, der nicht einfach sein wird. Den Unsinn von der Einstellung der Waffenlieferung und der Selbstaufgabe der Ukraine, so wie sie Schwarzer und Wagenknecht fordern, lassen wir mal beiseite.

Was bleibt, ist die Möglichkeit von Zugeständnissen an Russland durch die Ukraine. Was der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgeschlossen hat. Ein Einlenken Putins und der Rückzug der russischen Truppen ist ebenso unwahrscheinlich wie ein plötzliche Tod Putins, welcher zum Ende des Krieges führen würde.

Die vielen Toten, zerstörte Infrastruktur und Kulturgüter — das wird Verhandlungen über einen Frieden schwer machen. Ehrlich gesagt habe ich keine Vorstellung, wie ein Frieden möglich sein könnte. Ein Traum kann schnell auch zu einem Albtraum werden. Oder anders gesagt, ein schlechter Friedensvertrag den Grundstein für den nächsten Krieg legen.

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