Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mit der Toleranz ist das so eine Sache. Zu viel an der falschen Stelle kann zu unerwünschten Spannungen führen.

Gesellschaft und Konstruktion

In vielen Bereichen wird über Toleranz diskutiert. Während in bestimmten Zusammenhängen (Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Querdenker, Homophobie etc.) die Null-Toleranz-Grenzen gelten sollte, ist Toleranz an anderer Stelle durchaus angebracht. Das Zusammenleben wird ernsthaft belastet, wenn man schon beim kleinsten Kinderlärm aus der Nachbarwohnung Sturm klingelt und die frisch gebackenen Eltern zur Schnecke macht.

Das Kölsch „Leben und leben lassen“ ist im Grund auch eine Richtlinie für mehr Toleranz im gegenseitigen Umgang. Zu viel führt jedoch dazu, dass einem irgendwann andere Zeitgenossen auf der Nase herumtanzen. Oder Polonaise auf dem Marienplatz in München. Aber um Corona und extrem asoziales Verhalten bei einer sogenannten Demonstration solle es heute gar nicht gehen.

Auch jenseits menschlichen Miteinanders gibt es Toleranzen. Genau damit habe ich in den vergangenen Tagen reichlich Erfahrungen sammeln können. Ärgerlich auf der einen, lehrreich auf der anderen Seite, um es schon mal vorweg auf den Punkt zu bringen.

Rollen wir das Ganze mal auf. Mein ehrgeiziges Projekt beim 3-D-Druck besteht derzeit darin, einen eigenes Konstruktions-Set zu erstellen. Natürlich wäre es schneller und günstiger, Lego, Fischertechnik oder anderes fertig zu kaufen. Es gibt aber keinen Zeitdruck und macht zudem Spaß, selber etwas Eigenes auszutüfteln. Die kreative Beschäftigung ist zudem auch noch lehrreich.

Blutiges lernen von Toleranz

Für mich gibt es noch einen weiteren Grund, mein eigenes Set zu entwerfen. Auf diese Weise werde ich unabhängig von fertigen Teilen. Jedes noch so ausgefallene Element kann ich mir selber ausdenken, entwerfen und drucken. Natürlich hat das Ganze auch Nachteile. Man (in dem Fall ich) macht auch Fehler. Manche davon bemerkt man sofort, andere dagegen erst, wenn man bergeweise Teile ausgedruckt und verbaut hat.

Damit sind wir dann beim Thema Toleranz in der Konstruktion. Am Anfang hielt ich die Schraube für das komplizierteste Teil (ok, ich hab noch nicht mit Zahnrädern angefangen). Tatsächlich haben sich Winkel als schwerer herausgestellt, weil sie einen dazu verleiten, sie mal eben schnell zu entwerfen. Ausgehend von meinem Löffelchen habe ich dann einfach einen Entwurf hingeworfen, ein Probeteil geruckt und es verbaut. Passte. Es folgte der Seriendruck.

Als dann mein Modell Formen annahm, stieß ich an etwas, was sich auch mit „zu viel Toleranz“ umschreiben lässt. Nüchtern betrachtet sind es Konstruktionsfehler, die sich in der Summe aufschaukeln. Der äußere Rahmen stand unter ziemlicher Spannung, weil die Winkel zu kurz waren. In Panik und weil ich endlich mal eine Baustufe abgeschlossen haben wollte, druckte ich vier neue, leicht veränderte Winkel aus.

Versuch bringt Irrtum

Diese neuen Winkel passen, aber sie entsprechen nicht mehr meiner Vorstellung in Bezug auf das Design der einzelnen Teile. Die typische Rundung an den Enden fehlt. Also setzte ich mich noch mal an den Schreibtisch und dachte in Ruhe über die bisherigen Entwürfe nach. Und dann nahm ich mir ein gedrucktes 3er Löffelchen und zeichnete die Umrisse auf Papier nach.

Anschließend knickte ich es genau in der Mitte, sodass ich einen 90 Grad Winkel hatte. Das sah nicht nur richtig aus, sondern ganz anders als meine bisherigen Versuche. In Fusion 360 baute ich dann den Winkel anhand des Papiermodells, druckte in anschließend aus und baute in ein. Siehe da, er passt perfekt. Allerdings nur perfekt, wenn die restlichen Elemente mit Winkel auch korrekt erstellt werden.

Abstände einhalten

Der richtige Abstand

Fehler in der Konstruktion addieren sich, wie bereits erwähnt. Mir hat das gezeigt, mit welcher Sorgfalt Ingenieure, Architekten und andere Berufsgruppen ihrer Arbeit nachgehen, beziehungsweise nachgehen sollten. Auch so was wie Statik ist etwas, wo Toleranzen fatale Auswirkungen haben könnten.

Ausblick

Aktuell habe ich in meinem Modell bereits 190 Teile verbaut. Das meiste davon sind Schrauben und Muttern, was bei Lego-Modell in der Form nicht erforderlich ist. Da ich jetzt einige Teile erneut korrekt drucken muss, stagniert es etwas. Für mich fühlt sich das wie ein Rückschritt an, aber es gibt keine Alternative. Wenn ich nicht sauber arbeite, wird mich das im späteren Verlauf einholen. Wenn ich dann komplette Platten neu drucken muss, weil die Abstände nicht passen, ist nichts gewonnen.

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