Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Schleswig-Holstein ist kein gallisches Dorf im Widerstand gegen den Rest der Republik. Deshalb ist auch SPD-Politiker Ralf Stegner keine Mischung aus Astrid und Obelix. Allerdings ist Stegner ein Landesvorsitzender auf Abruf.

Lichtgestalten im Schatten

In Bayern scheint die Höhenluft merkwürdige Geisteszustände zu bewirken. Zumindest legt das der Kommentar von Peter Burghardt in der heutigen Süddeutsche Zeitung nah. Unter der Überschrift „Stegners Malaise“ schrieb Burghardt gleich am Anfang einen Satz, der mich zum lachen brachte:

Für die SPD ist es eine beunruhigende Nachricht, dass es zwischen Ralf Stegner und den Wählern gar nicht gut läuft.

Hier wird suggeriert, dass Stegner so etwas wie die Lichtgestalt der SPD sei, die im kühlen Norden noch den Wähler hinter Ofen holen kann und mit echter Alternative zur Politik anderer Parteien überzeugt. Das geht so ziemlich an der Wahrheit vorbei. Tatsächlich war und ist Stegner so was wie das Enfant terrible der SPD. Gerettet hat er in der Vergangenheit vornehmlich sich selbst, auch gerne durch das Herumturnen in diversen Talkshow-Formaten. Und natürlich durch die rege Nutzung seines Twitter-Accounts.

Das ist nicht Ralf Stegner

ptra / Pixabay

Stegner kann nicht lassen

Wobei Stegner es insbesondere über Twitter immer wieder schafft, sich ganz tief reinzureiten. Späteres löschen eines Tweets, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, macht die Sache in der Regel auch nicht besser. Den damaligen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer mit Kim Jong Un zu vergleichen ist genau so daneben wie ein Vergleich der Facebook-Chefin Sheryl Sandberg mit Beate Zschäpe.
Stegner verstand es trotz allem, immer an der Macht zu bleiben und im Hintergrund Strippen zu ziehen. Nach der Wahlniederlage im vergangenen Herbst stand er noch ablehnenden einer Neuauflage der Großen Koalition gegenüber. Im November hieß es seinerseits:

Die große Koalition einfach fortzusetzen kommt nicht in Betracht und Neuwahlen sollten wir gewiss nicht aktiv herbeiführen -dazwischen gibt es einige teilweise für die Republik auch neue oder ungewöhnliche Möglichkeiten.
Ralf Stegner im November 2017 über Twitter

Was wurde draus? Deutliche Zustimmung zur Großen Koalition und somit zur Fortsetzung. Auch hinter Andrea Naheles stellte er sich rechtzeitig, so dass er sich als SPD-Vize-Chef behaupten konnte.

Fehler der anderen

Vielleicht mag es sei, dass Stegner gerne mit den Fingern auf andere zeigt – Peter Burghardt formuliert das in der SZ etwas anders. Selber hat er aber auch genügend. Die Wählerinnen und Wähler sind selbst im Norden nicht dumm genug, diese nicht zu bemerken. Was die Wahlniederlage bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein belegt.
Die Oberbürgermeisterin von Flensburg (und kurzzeitige Hoffnungsträgerin der SPD für ihren Vorsitz) Simone Lange fordert zu Recht die Ablösung von Stegner. Seine Zeit ist um. Man kann wie Peter Burghardt in der SZ über „Stegners Malaise“ schreiben. Oder ziemlich deutlich wie Christoph Seils im Cicero über „Das Gesicht der Existenzkrise“.

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