Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt Menschen mit einer unheilbaren Ablehnung von Schrebergärten. Zu dieser Gruppe gehören Baudezernenten ebenso wie Redakteure der Süddeutsche Zeitung.

Kölns grüne Lunge

Machen wir uns nichts vor, draußen ist es unerträglich heiss. Nicht nur dort, denn die Hitze sickert in die Wohnungen. Wer keine Klimaanlage hat, stöhnt bereits um kurz vor 10 Uhr über 29 Grad am heimischen Schreibtisch — so wie ich gerade. Sprüche wie „das Wetter können wir nicht ändern“ sind gerade an solchen Tagen absoluter Blödsinn. Was früher vielleicht lustig klang, hat heute immer den bitteren Beigeschmack der Leugnung des Klimawandels. Wir können nämlich sehr wohl das Wetter ändern.
Vielleicht aber sorgt die Hitze für zumindest einen kleinen Zugewinn an Erkenntnis. So kam etwa der Express drauf, dass es in Köln 654.000 Hitzeopfer gibt — und nicht alle von uns wurden gerade auf einem Parkplatz im Auto zurückgelassen. Aber Scherz beiseite. Mann kann ja schon froh sein, wenn ein solches Blatt davon schreibt, wie wichtig der Grüngürtel um Köln sei. Grünflächen sorgen nachts für Abkühlung, deswegen sollte sie uns besonders am Herzen liegen — und nicht etwa einem Trainingsgelände für Fußballspieler weichen. Für mich gehören aber auch Schrebergärten mehr oder weniger zu den Grünflächen. Von denen haben wir in Köln einige.

Schrebergärten

JonasF / Pixabay

Hass auf Schrebergärten

In der heutigen Ausgabe der Süddeutsche Zeitung hieß es im Artikel „Laube, Liebe, Wahnsinn“ einleitend, in Deutschland würden trotz Wohnungsnot die Schrebergärten, welche „zusammengenommen so groß sind wie Köln“ unangetastet bleiben. Da sind wir dann wieder bei Köln und Schrebergärten. Mir persönlich sind Schrebergärten eher unbekannt, schließlich hatten wir früher zu Hause einen eigenen, großen Garten. Aber damals wie heute fand ich sie kurios und faszinierend zugleich.
Für mich gehören sie zum Stadtbild, ganz unabhängig, wie hoch ihr Beitrag zur Klimaverbesserung tatsächlich ist. Schrebergärten stehen für mich für eine innerstädtische Fläche, die eben nicht hochgradig verdichtet ist. Genau für so eine hochgradige Verdichtung wir erstaunlicherweise heute in der SZ mit einem anderen Artikel geworden. „Verdichtet die Städte!“ heisst es da ganz deutlich schon in der Überschrift.
Sollten wir nicht irgendwas in den letzten Jahren gelernt haben? Städte zu verdichten, ist absoluter Wahnsinn. Man kann nicht Freilandeier kaufen und Menschen in Käfige zwängen. Klar ist der Wohnraum knapp, aber Städte zu verdichten führt am Ende dazu, dass sie weniger Lebenswert sind. Genau darum schlägt mein Herz auch für Schrebergärten. Sie machen Städte lebenswert, auch wenn die Gärten selber nur wenigen zur Nutzung vorbehalten sind.

Folgen der Verdichtung

Die Folgen der Verdichtung kann man in Köln ziemlich gut selber erfahren. In diesen Tagen reicht ein Besuch bei IKEA am Butzweilerhof. Dort gibt es ein Neubaugebiet, in dem sich Luft und Hitze auf unerträgliche Weise staunen. Der Unterschied etwa zu Nippes ist spürbar.
Sicherlich kann man mit Geschick den Wohnraum in Städten wie Köln erhöhen, ohne alles zu opfern. Das so was auch wirklich funktioniert, dafür fehlt mir der Glauben. In Köln schafft man es zum Beispiel nicht mal, aus einer autogerechten Stadt eine für Fahrräder und Fußgänger zu machen. Allein das würde Köln wieder ein Stück lebenswerter machen.
Von den Schrebergärten, auch hier in Köln, sollte man tunlichst die Finger lassen. Wer im Übrigen mit dem Begriff rein gar nichts anfangen kann, dem empfehlen ich als hervorragende Sommerlektüre „Mein Leben im Schrebergarten“ von Wladimir Kaminer.

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