Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Ein erklärter Gegner von Friedrich Merz siegte für die CDU in Schleswig-Holstein. Trotzdem freut sich der Parteichef.

Noch kein Weltkrieg

Mit Spannung habe ich heute Morgen die Militärparade in Moskau erwartet. Bei der Live-Übertragung und Simultanübersetzung der Rede des russischen Präsidenten Putin hielt ich streckenweise den Atem an. Anders als zuvor befürchtet, hat Putin noch weiteres Öl ins Feuer gegossen. Er vermied eine weitere Eskalation des von ihm begonnen Krieg gegen die Ukraine. Fast bekam den Eindruck, ihm würde es nur noch um die Eroberung der Donbass-Region gehen und nicht mehr um die völlige Vernichtung der Ukraine.

Allerdings wissen wir natürlich mittlerweile: Putin ist der Wolf, welcher gerne Kreide frisst und noch am Vorabend einer Invasion behauptet, er hätte so was nie vor. Seine Rede heute vermittelt auch den Eindruck, bei möglichen Friedensverhandlungen würden diese mit der USA geführt, da die Ukraine nur eine Marionette der Amerikaner sei. Skepsis ist in jedem Fall angebracht, denn es steht auch die Frage im Raum, wie ein Frieden für die Ukraine aussehen kann angesichts von Tod und Zerstörung.

Putin scheint zu glauben, er könne am Ende die Donbass-Region Russland einverleiben und alles sei dann vergeben und vergessen. Anschließend dann business as usual. Würde sich der Westen darauf einlassen, wäre es ein Verrat am ukrainischen Volk.

Kommen wir aber zu Schleswig-Holstein. Die Wahl dort ist nicht durch den Beginn des dritten Weltkriegs obsolet geworden.

Grün in Schleswig-Holstein

Oben im Norden, in Schleswig-Holstein, hat die CDU bei der Wahl am vergangenen Sonntag einen satten Sieg eingefahren. Die leichte Erschütterung gestern Abend in Deutschland stammte nicht von der ersten russischen Bombe auf deutschem Boden nach 1945, sondern vom Stein, der Friedrich Merz vom Herzen gefallen ist. Große Erleichterung nach der massiven Klatsche im Saarland.

Schauen wir uns mal das Wahlergebnis im Detail an:

  • CDU 43,4% (+11,4%)
  • SPD 16% (-11,3%)
  • Grüne 18,3% (+5,4%)
  • FDP 6,4% (-5,1%)
  • AfD 4,4% (-1,5%)
  • Linke 1,7% (-2,1%)
  • SSW 5,7% (+2,4%)

Eine Sonderstellung nimmt der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ein, der die dänische Minderheit im Land vertreten soll. Zur Vereinfachung lassen wir ihn außen vor. Ganz klar hat die CDU nicht nur gewonnen, sondern auch ihr Ergebnis von 2017 deutlich verbessert. Die SPD dagegen hat massiv an Stimmen verloren und liegt somit in Schleswig-Holstein künftig auf dem dritten Platz hinter den Grünen.

Diese haben wiederum wohl vor allem durch ihre gute Regierungsarbeit als Teil der Jamaika-Koalition punkten können. Der FDP gelang dies nicht. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Monika Heinold, führt seit über zehn Jahren das Finanzministerium in unterschiedlichen Koalitionen. Ganz offensichtlich mach sie in den Augen der Wähler:innen einen guten Job.

Aussagekraft für die Bundespolitik

Für die AfD ist die Zeit in Schleswig-Holstein offensichtlich abgelaufen. Im neuen Landtag werden sie nicht vertreten sein. Das haben sie mit den Linken gemeinsam, die aber bereits dabei sind, bundesweit an Bedeutung zu verlieren — hier muss die AfD auf jeden Fall noch nachlegen, um mithalten zu können.

Was die Aussagekraft der Wahl in Schleswig-Holstein über das Bundesland hinaus angeht, bin ich vorsichtig. Hier sehe ich keinen Zusammenhang mit bundespolitischen Entscheidungen. Die SPD in Schleswig-Holstein hat entsprechend keinen Denkzettel für die Politik von Bundeskanzler Olaf Scholz verpasst bekommen. Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU hat aus Sicht der Wähler:innen in Schleswig-Holstein einfach einen guten Job gemacht.

Ganz anders wird das kommendes Wochenende in Nordrhein-Westfalen sein. Gewinnt hier die CDU, die die bisherige Landesregierung anführt, ist das ein Signal nach Berlin. Zumindest aus meiner Sicht ist der bisherige Kurs der CDU in NRW unterirdisch gewesen. Über Armin Laschet reden wir erst gar nicht, sein Nachfolger im Amt ist mir persönlich einfach zu blass geblieben und konnte keine eigenen Akzente setzen.

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