Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Bildungspolitik ist eines solcher Themen, die bei längerer Beschäftigung den Brechreflex auslösen können. Das gilt insbesondere für die Bildungspolitik der CDU, wobei sich auch die SPD nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Auf dem Landesparteitag Ende August in Bochum bot sich da ein wahres Trauerspiel.

Großen Anlass zur Sorge sollte aber derzeit weniger der Stillstand in der Bildungspolitik machen, sondern eher die riesigen, von der CDU-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen geplanten Rückschritte. Unter der völlig falschen Bezeichnung Schulreform hat das Landeskabinett eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die sich erstmal recht positiv lesen:

  • praxisnähere, profilierte und professionellere Lehrerausbildung
  • Aufwertung des Grundschullehramtes
  • einheitliche Ausbildungszeit für alle Lehrämter
  • Anpassung der Besoldung
  • Neuorganisation der universitären Ausbildung

Vor allem der letzte Punkt ist für Lehramtsstudierende ein echter Gewinn, denn die Reform sieht ein dreijähriges Bachelor- und ein zweijähriges Masterstudium vor – damit wird endlich eine Vergleichbarkeit zu anderen Studiengängen geschaffen. Zudem besteht dann die Möglichkeit, auch ohne die Weiterführung der Ausbildung mit der Praxisphase einen regulären Abschluss zu haben statt „nur” eines Staatsexamens.

Soweit, so gut. Wo Licht ist, ist in der Regel aber auch Schatten. Schon die bisherigen Lehramtsstudiengänge zeigen, dass für eine praxisnähere, profilierte und professionellere Lehrerausbildung das Lehrpersonal fehlt. Oftmals verhält es sich so, dass nur wenige engagierte Dozenten in den Universitäten de Bedeutung der Lehrerausbildung erkannt haben. Für viele ist dagegen die Ausbildung künftiger Lehrerinnen und Lehrer nur eine lästige Pflicht, der sie nur gerne entgehen würden (und es zum Teil sogar tun).

Nicht selten haben Lehramtsstudierende in einer Vorlesung, die sie gemeinsam mit anderen Fachrichtungen besuchen, dass Gefühl, Studierende zweiter Klasse zu sein. Dabei ist das kein rein subjektiver Eindruck, sondern wird aktiv vermittelt. Eine Reform der Lehrerausbildung sollte insbesondere an diesem Punkt ansetzen und daher im gesamten universitären Bereich den Stellenwert der Didaktik zumindest soweit erhöhen, dass er gleichauf zur Forschung liegt.

Die von der Landesregierung beschlossene Aufwertung des Grundschullehramtes ist, gerade im Hinblick auf die bisherige Geschichte der Primarlehrerausbildung, ein längst überfälliger Schritt. So wie es aber aussieht, erfolgt die Anpassung nicht durch eine Aufwertung, sondern durch eine Abwertung der anderen Lehrämter.

Verräterisch ist nämlich die Ausführung der Schulministerin Barbara Sommer, die Zusammenhang mit der geplanten Anpassung auch bei der Besoldungsstruktur davon spricht, dass es für bereits im Schuldienst tätige Lehrkräfte eine Bestandsgarantie gibt. Die macht nur dann Sinn, wenn nachfolgende Generationen von Lehrern weniger für ihre Tätigkeit erhalten.

Insgesamt plant die CDU-Landesregierung in NRW also eine Reform, bei der unterm Strich weniger Geld für Bildung ausgegeben wird. Das ist keine Verbesserung, sondern eine äußerst bedenkliche Verschlechterung. Kinder, Eltern und Lehrer sollten dagegen Sturm laufen und er CDU richtig Druck machen.

Eine fundierte Bildungspolitik benötigt statt windigem Aktionismus Rezepte, die zu einer langfristigen qualitativer Verbesserung der gesamten schulischen Bildung führen. Dazu gehört sicher auch eine grundsätzliche Reform der Lehrerausbildung, was in der CDU anscheinend richtig erkannt wurde. Ebenso unabdingbar ist es, nicht weniger sondern mehr Geld in Bildung zu investieren, denn Bildungsinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft eines Landes.

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