Von allen guten und bösen Geistern verlassen

„Ob sie mir vielleicht weiterhelfen können, ich hab mich verfahren.“ Kati sah sich noch mal um, vermisste noch immer das Auto ihres Bruders und traf dann ihre Entscheidung.

Sie wollte stark sein, sich keine Angst oder Schwäche anmerken lassen. Und sie wollte handeln, wie es Dina vermutlich getan hätte. Kati öffnet die Autotür, hob die Karte hoch und setzte sich.
„Klar, wenn sie mich dafür ein Stück mitnehmen.“
Am Bahnsteig bewegte sich die Gestalt zum nächsten Mülleimer. In der schlurfenden Bewegung, mit der das geschah, meinte Kati so etwas wie Enttäuschung zu erkennen.
„Klar, mach ich doch gerne.“
Kati fiel weder sein Navigationsgerät am Amturenbrett auf noch der Umstand, dass er viel zu schnell seine Hilfe zugesagt hatte. Ohne sich überhaupt zu erkundigen, wo Kati wohnte. Sie plapperte drauf los, um ihre Nervosität zu verbergen. Gleichzeitig genoss sie die Vorstellung, ihr Bruder würde auftauchen und auf sie warten. Auf den letzten Zug, der längst vorbei gefahren war warten, so wie sie auf ihn gewartet hatte. Erst würde er sich ärgern, dann richtig wütend werden auf Kati, nur um sich schließlich richtige Sorgen zu machen. Verzweifelt, wenn er es denn gar nicht aushalten könnte, würde er sich auf ein Rückweg begeben, ohne seine Schwester. Würde sich Vorwürfe machen und im Kopf Erklärungen für seine Eltern formulieren. Kati würde unterdessen gemütlich zu Hause sitzen, ihrer Bruder eine lange Nase machen, wenn er völlig erschöpft und Schweiß gebadet das Wohnzimmer betrat. Genau so geschah es auch. Mit dem kleinen Unterschied, dass Kati nie zu Hause ankam. Weder in der Nacht noch am nächsten Tag. Die SMS ihrer Freundin Martina blieb genauso unbeantwortet wie die Anrufe ihrer Freundin und die ihres Bruders. Das Telefon registrierte artige alle Versuche der Kontaktaufnahme, der Akku war stark und hielt durch. Etwas, was für Kati nicht zutraf.

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