Endlich Erftstadt. Kati sprang auf und war schon an der Tür bevor der Zug hielt. Sie drückte den Türöffner und ließ sich von der Luft draußen wärmen.
Aus dem anderen Zugteil stiegen ein älteres Ehepaar und eine dunkelhaarige größere Frau aus, die zielstrebig zum Parkplatz lief. Dort stieg sie in ein wartendes Auto ein. Kati lief er hinter, blieb am Badezimmerblau gekachelten Kiosk stehen. Das Ehepaar bog nach rechts ab, sie hatten ihr Auto auf dem Parkplatz abgestellt. Kati blickte ihnen hinterher. Die Uhr zeigte kurz nach Mitternacht. Von ihrem Bruder fehlte jede Spur. Sein Auto stand nicht vor dem Bahngelände, auch nicht an der Straße oder auf dem Parkplatz. Außer Kati befand sich jetzt niemand mehr am Bahnhof. Vielleicht hat er sich verspätet, hoffte Kati. Ein paar Minuten, sicher, dann würde er da sein. Minuten vergingen. von ihrem Bruder noch keine Spur. Flaschen schepperten hinter ihr. Kati drehte sich um, konnte aber durch die spärliche Beleuchtung am anderen Ende des Bahnsteigs nichts erkennen. Die Lampe dort hätte schon vor Wochen repariert werden müssen. Im dem Abschnitt war es einfach viel zu dunkel. Noch immer kein Auto. Kati trat von einem Bein auf das ander. ihr Bruder würde was zu hören bekommen. Was fiel ihm ein, sie einfach hier am Bahnsteig stehen zu lassen. Erneut ein Geräusch hinter ihr. Außerhalb des Lichtkegels stand eine Gestalt an einem der Mülleimer. Kati verließ den überdachten Bereich des Bahnsteigs und stellte sich direkt an die Straße. So etwas wie eine richtigen Bahnhof gab es in Erftstadt nicht. Bahnsteig, Bahnhof und Vorplatz gingen nahtlos ineinander über. Der Bahnhof in Erftstadt war im Gründe nur eine Haltestelle. Eine Haltestelle, an der man sich nachts ziemlich einsam fühlen könnte, wie Kati gerade merkte. Wieder ein Geräusch in der Dunkelheit. Da war es wieder, das Frösteln aus dem Zug. Panisch sah sich Kati um. Sie wollte nur noch weg, weg vom der Gestalt. Der Flaschensammler, der sie im Zug berührt hatte. Mit einem Gefühl von Enkel dachte Kati an seine Hand. Eine Hand mit roten Haaren. Das wurde in ihrer Phantasie zu einem rothaarigen Dämon, der dort in der Dunkelheit auf sie lauert. Bereit, über sie herzufallen. Kati steigerte sich in ihre Angst rein. Endlich tauche auch Kreisel die Scheinwerfer eines Autos auf. Die Erleichterung von Kati verflog in dem Augenblick, als sie erkannte, dass es nicht der Wagen ihres Bruders war, der dort kannte. Es handelte sich auch nicht um ein Taxi. Das Auto hielt am Straßenrand, der Motor lief weiter. Kati spürte, wie hinter ihr jemand atmetet. Ohne weiter nachzudenken, rannte sie rüber zum Auto, wo gerade die Fensterscheibe an der Beifahrerseite herunterging. Durch das offen Fenster blickte Kati ins innere. Am Steuer saß ein Mann, neben sich auf dem Beifahrersitz eine Karte. Er hatte die Innenbeleuchtung eingeschaltet und blickte von der Karte hoch zu Kati.