Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Ohne Michail Gorbatschow hätte die DDR vermutlich über das Jahr 1990 hinaus weiter existiert. Ein Nachruf auf den Verstorbenen.

Helden sterben verhasst

Mich erwischte die Nachricht heute Morgen beim Haare kämmen. Meine Frau überflog gerade unten in der Küche die Nachrichten und rief zu mir hoch „Gorbatschow“ ist tot. Meine erste Reaktion werde ich wohl nie vergessen. Die Zweifel, ob er denn eines natürlichen Todes gestorben sei. Nicht erste seit dem 24. Februar 2022 muss man Putin und seinen Schergen alles Mögliche zutrauen. Sofern ich das später beim Nachlesen am Frühstückstisch alles richtig verstanden habe, ist Michail Gorbatschow eines natürlichen Todes gestorben. Bei einem Lebensalter von 91 Jahren kann so was schon mal passieren.

Wie die Nachricht von seinem Tod in Russland und in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken aufgenommen wird, kann ich nicht beurteilen. Dafür bilde ich mir aber, eine Ahnung zu haben, was viele Menschen in Deutschland empfinden. Gerade in Russland war Michail Gorbatschow nicht der Liebling der Nation. Das, was er ins Rollen brauchte, führte dann, insbesondere im Kielwasser von Boris Jelzin, zu einer Verschärfung der Armut, zu großen Gegensätzen und zum Aufstieg der Oligarchen. Nostalgiker betrauern heute noch den Zerfall der Sowjetunion, Wladimir Putin ist bestrebt, die ehemalige Größe mit aller Gewalt wieder zu erreichen.

Leistungen von Michail Gorbatschow

Außerhalb der Sowjetunion wurde Michail Gorbatschow vor allem durch zwei Leistungen bekannt — man könnte hier sogar von seinem Lebenswerk sprechen. Durch sein Reformprogramm (Glasnost und Perestroika) und die Abrüstung wurde die Welt, wenn auch leider nur für wenige Jahre, zu seinem sichereren Ort.

Wir Deutsche verdanken letztendlich Michail Gorbatschow das Ende der Teilung unseres Landes in West und Ost. Ohne ihn hätte es mit Sicherheit keine Wiedervereinigung gegeben.

Those who are late will be punished by life itself.
Gennadi Iwanowitsch Gerassimow

Der Staatsbesuch in der DDR von Gorbatschow im Oktober 1989 machte Erich Honecker klar, auf welche Unterstützung er künftig noch rechnen könne, wenn er seinen Kurs beibehalten würde. Aber nicht nur in Ostdeutschland wurde Michail Gorbatschow mit begeisterten „Gorbi, Gorbi“ Rufen empfangen, sondern auch in Westdeutschland. Als Jugendlicher sah ich ihm einen Hoffnungsträger und nicht den Repräsentanten eines „Reich des Bösen“ wie der damalige US-Präsident Ronald Reagan.

Während der Westen Michail Gorbatschow mit dem Friedensnobelpreis ehrte, blieb er in Russland der Anfang vom Übe, obwohl er ihnen den Weg in die Freiheit ermöglichte. Dank Boris Jelzin überstand Gorbatschow 1991 einen Militärputsch, verlor danach aber dramatisch an Macht und Einfluss.

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