Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mit dem Rad entlang des Ems-Jade-Kanals von Emden bis Wilhelmshaven. Ein kurzes Fazit nach sechs Tagen Fahrradurlaub in Ostfriesland.

Bilder einer Ausstellung

Am Anfang stand eine Ausstellung. Vor einigen Monaten in diesem Frühjahr fiel mir ein Prospekt in die Hände, welcher über die DUCKOMENTA (das u ist kein Tippfehler!) informierte: Entzeitstimmung – Die DUCKOMENTA in Jever

Jever, das ist eigentlich nicht so weit weg von Emden. In Kategorien eines Autofahrers ein Katzensprung. Für Bahnfahrer — nun ja, hier in Ostfriesland fehlt die Nord-Süd-Verbindung. Von Emden über Aurich nach Jever gibt es keine direkte Bahnverbindung. Möglich wäre eine Kombination mit einer längeren Busfahrt. Busfahrten finde ich allerdings zum Kotzen, im wahrsten Sinne des Fotos. Mir wird dabei speiübel (fun fact: Flugzeug und Schiffe in schwerer See sind kein Problem für mich).

Der Wunsch zum Besuch der Ausstellung wurde immer stärker, bis ich zusammen mit meiner Frau einen Plan entwickelt. In den Sommerferien einfach mit dem Fahrrad nach Jever fahren, dort vorher eine Ferienwohnung buchen und die Ausstellung besuchen.

Ursprünglich wollten wir mit den Klapprädern bis nach Norden mit der Bahn und von dort dann selber weiter fahren. Das 9-Euro führte dann zu einer Planänderung. Wir würden die gesamte Strecke mit dem Fahrrad fahren und so im Prinzip einen richtigen Fahrradurlaub machen.

Erster Fahrradurlaub nach 30 Jahren

Für mich würde es der erste Fahrradurlaub nach 30 Jahren werden. Eigentlich der zweite Fahrradurlaub überhaupt. Aber dazu später mehr. Die Streckenplanung ging recht schnell, denn ich konnte so einen weiteren Wunsch von mir in die Tat umsetzen. Quer durch Ostfriesland, mit dem Fahrrad entlang am Ems-Jade-Kanal. Statt aber bis Wilhelmshaven würden wir vorher die Strecke in westliche Richtung nach Jever verlassen.

Stück für Stück nahm der Fahrradurlaub Gestalt an. Im vergangenen Jahr in den Sommerferien unternahmen wir Tagesausflüge nach Aurich und Leer, sodass wir unsere Tagesleistung in etwa einschätzen konnten — wir besitzen keine E-Bikes und wollten auch nicht mit solchen unsere Reise antreten.

Gut 60 Kilometer würden zwischen Emden und Jever zu bewältigen sein. Das erschien schaffbar. Am vergangenen Montag ging es dann los, für meine Frau eine Premiere, denn sie hatte vorher noch nie einen Fahrradurlaub gemacht. Die Streckenführung am Navi erwies sich als etwas eigenwillig, aber wirklich fatal wäre mein beinah Unfall gewesen. Kurz hinter Emden hätte unser Fahrradurlaub schon zu Ende sein können, denn von meinem Lenker löst sich in voller Fahrt an der rechten Seite das Lenkerhörnchen, während wir auf einer viel befahrenen Bundesstraße unterwegs waren. Ich verlor das Gleichgewicht, konnte aber nach einem wilden Zickzack-Kurs am Randstreifen zum Stehen kommen. Trotz Werkzeug ließ sich das Problem von uns nicht beheben, in Jever fanden wir dann einen netten Fahrradhändler, der weiterhelfen konnte.

DUCKOMENTA in Jever

Nach gut viereinhalb Stunden erreichten wir ohne weitere Zwischenfälle die Ferienwohnung. Etwas erschöpft, aber beseelt von unserer Leistung. Am nächsten Tag ging es dann ins Schlossmuseum in Jever, in die DUCKOMENTA. Die Ausstellung übertraf unsere Erwartungen und ist absolut sehenswert. Besonders witzig waren die Exponate, die geschickt in die normale Ausstellung „geschmuggelt“ waren.

Besucht haben wir in Jever noch das Mühlenmuseum und das Feuerwehrmuseum, beide auch sehr lohnenswert. Zudem machten wir zwei Tagesausflüge mit dem Rad (es war ja schließlich ein Fahrradurlaub). Nach Wilhelmshaven, um auch noch das letzte Stück des Ems-Jade-Kanals zu fahren und dabei zufällig über das Marinemuseum zu stolpern. So wie nach Carolinensiel über Hooksiel.

Ein strammes Programm für die kurze Zeit daher wird es nicht der letzte Fahrradausflug in die Gegend gewesen sein. Was uns an Friesland im Gegensatz zu Ostfriesland aufgefallen ist: die spürbar abwechslungsreichere Landschaft (mit mehr Wäldern).

Abenteuer Ems-Jade-Kanal

Ein Bild, was im Übrigen auch für die Strecke entlang des Ems-Jade-Kanals gilt. Eine vielfältige Landschaft, nicht nur Wiese und Brücken, sondern angenehm schattige Waldabschnitte. Durch den Fahrradurlaub lernten wir auch eine ganze andere Möglichkeit kennen, um stressfrei mit dem Rad nach Aurich zu kommen. Entlang am Kanal dauert es zwar länger, ist aber auch deutlich schöner.

Am Ende belohnt einen die Tour in Wilhelmshaven dann der Promenade am Südstrand, die schon fast ein internationales, auf jeden Fall sehr urbanes Flair ausstrahlt. Fährt man in die anderen Richtung, nun dann ist man halt in Emden. So wie wir auf dem Rückweg am Samstag. Für den Weg zurück nahmen wir dann allerdings einen Umweg über Schortens in Kauf, bei abgeschaltetem Navi. So konnten wir eine deutlich schönere Strecke am Kanal entlang genießen. Möglich wird das durch das ziemlich geniale Knotenpunktsystem zur Orientierung.

Fazit: Fahrradurlaub in Ostfriesland / Friesland — können wir nur empfehlen. Was ich persönlich nicht empfehlen kann, ist so lange auf diese Form von Urlaub zu verzichten. Keine Ahnung, wie ich vergessen konnte, wie viel Spaß diese Art des Reisens macht.

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