Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Einfache Denkmuster sind nicht nur bei politisch rechts stehen Menschen zu finden. Brettspieler lassen sich nur ungern in eine thematische Schublade werfen.

Heikle Themen bei Brettspielen

Manchmal führen Brettspieler in einem bekannten Forum eine Diskussion, aus der sich ein interessantes Thema für einen Blogeintrag ergibt. Anders als Muggel vermutlich glauben, sind Brettspiel mitunter hochpolitisch. Das fängt ja bereits beim Schach an, wenn die weiße Dame einen schwarzen Bauern schlägt. Mal im Ernst, abstrakte Spiele sind relativ neutral, aber gerade Schach wird auf anderer Ebene politisch instrumentalisiert.

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen die thematischen Spiele, die sich mittlerweile den größeren Anteil am Markt ausmachen dürften. Es gibt sie von harmlos wie etwa „Living Forest“, Kennerspiel des Jahres 2022, bis hin zu Warmgams mit eindeutig geschichtlichem Bezug.

Letztere führen sehr schnell zu heißen Diskussion, wie ein Beitrag bei unknowns.de zeigt. Dort warb ein spanischer Hersteller für ein neues Wargame, worauf ihm eine ziemlich harte Antwort um die Ohren gehauen wurde:

You should be aware of some cultural sensitivity issues you will face with your game here in Germany. No-one with a clear mind likes to play as Nazi, not even role-playing in a game. Absolutely no-one.

Puh, wenn man das als Brettspieler liest, geschrieben von einem anderen Brettspieler, muss man erstmal schlucken.

Politisch interessierte Brettspieler

Mich selber würde ich als politisch interessierten Brettspieler bezeichnen. Mehr noch, wenn man das Hobby weglässt: Ich begreife mich als durchaus politischen Menschen. Mich interessiert, was passiert. Zeitung lesen ist für mich selbstverständlich seit dem siebten Lebensjahr und Geschichte fasziniert mich. Nationalsozialismus in jeglicher Form widert mich an. Ebenso wie Revisionismus.

Dennoch, ich mag Spiele, die einen thematischen Bezug zum 2. Weltkrieg haben. Zum Beispiel Memoir ’44, Unconditional Surrender, Triumph and Tragedy oder auch Blitzkrieg!: World War Two in 20 Minutes.

Das Zitat von oben nehme ich durchaus als persönlich. Es ist beleidigend. Der Verfasser bringt damit seine eigene Überheblichkeit zum Ausdruck und hält sich für moralisch überlegen.

Es geht bei den Wargames und auch anderen Brettspielen wie Secret Hitler nicht um tatsächlich „Verlängerung der Nazi-Diktatur über 1945“ — so eine Behauptung ist grober Unfug. Zum Teil geht es Simulation und historisches Verständnis. Zu einem anderen Teil um eine taktische und spielerische Herausforderung. Alles harmlos weichzuspülen halte ich für sehr gefährlich, denn man blendet auf diese Weise Wirklichkeit und Geschichte aus. Letztendlich müsste man nämlich dann alle Brettspiele mit geschichtlichem Bezug verbannen, denn irgendwas erregt immer Anstoß.

Darüber hinaus: Ein Brettspieler, der im Spiel die Rolle der Achsenmächte einnimmt, ist genauso wenig automatisch ein Nazi wie etwa Bruno Ganz, nur weil er in „Der Untergang“ Adolf Hitler gespielt hat.

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