Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In Emden wird Neues häufig kritisch in den sozialen Medien kommentiert. Sitz- und Verweil-Inseln an der Neutorstraße erfahren wenig Zustimmung.

Bauern gegen Innovation

Mit zunehmender Frustration über bestimmte anscheinend regionale Eigenheiten wird auch mein Ton rauer. Also hauen wir direkt mal in die vollen:

Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich.

Oder auf Hochdeutsch, was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht. Damit soll eine Skepsis gegenüber Veränderungen, Anpassungen oder Modernisierungen zum Ausdruck gebracht werden. Neues mag der Bauer nicht, schließlich kennt er nur das, was man immer schon so gemacht hat.

Zugegeben, im privaten Umfeld tue ich mich auch schwer mit Veränderungen. Bereits umgestellte Möbel können eine mittelschwere Beziehungskrise auslösen. Am liebsten mag ich Veränderungen, wenn man sich vorher in Ruhe bespricht und die Umsetzung langfristig plant — wie etwa unseren Umzug nach Ostfriesland.

Auf der anderen Seite sind im größeren Maßstab Veränderungen für mich mitunter viel zu langsame. Insbesondere dann, wenn ich von der Dringlichkeit, etwas Neues zu versuchen, überzeugt bin.

Bevor wir zum Eigentlichen kommen, noch mal zurück zu den Bauern. Das ist ein Sprichwort und soll sich keinesfalls auf alle Bauern beziehen. Ich würde nicht wissentlich allen Bauern unterstellen, sie seien gegen Innovation und Veränderung — im Gegenteil, mit ist durchaus bewusst, dass Veränderungen für viele bäuerliche Betriebe geradezu überlebensnotwendig ist.

Gegen Neues in Emden

Die Neutorstraßen-Verkehrsversuche sind auf Facebook einigen der dort Kommentierenden ein Dorn im Auge. Neues? Lieber nicht? Mehr Rücksicht auf Fußgänger und Fahrradfahrer? Eine autofreie Innenstadt. Um Gottes willen!

Im Folgenden eine kleine Auswahl an Kommentaren zum Bericht der Emder Zeitung:

Wird man eigentlich gut bezahlt, für so ein Hirnverbranntes unterfangen? Hat Ähnlichkeit mit Entscheidungen der EU, die auch so gern unsinnige Sachen ersinnen

So langsam reicht es jetzt aber. Warum werden die Bürger nicht gefragt ob sie das wollen?

Baut den Quatsch zurück so wie es war und alle sind glücklich und zufrieden! Gibt genug andere Baustellen in dieser ach so schönen Stadt .das mit der Fahrradstraße belebt die Stadt doch in keiner Art und Weise

Ohne Witz was stimmt hier eingt nicht mehr . Schonmal an die Leute gedacht die Tag täglich wegen so ner Kacke 1000 Mal nen Umweg fahren müssen? . Das bei den den Benzin oder Diesel Preisen dazu kommt

Der Bürgermeister sollte lieber mal den City Rollern zustimmen… wie Tier, oder Bolt die haben schon angefragt Und nicht allen absagen erteilen. Wenn es schon eine autofreie Stadt werden soll dann auch Bitte ein Fortbewegungs Mittel zustimmen.

Die Körnung war dann ein Kommentar, der Bezug nahm auf die Menschen, die bei den Nordseewerken ihren Job verloren haben.

Boden der Tatsachen

Bleiben wir mal auf dem Boden der Tatsachen. Das mit den Jobs hat nichts, wirklich gar nichts mit den Verkehrsversuchen zu tun. Was die sogenannten „City Roller“ angeht: so was kann auch nur jemand fordern, der die Erfahrungen in den anderen Städten damit nicht kennt. Die Dinger wurden hier häufig aus den Grachten gefischt werden und die Bürgersteigern zum Spießrutenlauf für Fußgänger machen. Für Menschen mit Beeinträchtigungen sind sie ein mehr als nur ärgerliches Hindernis.

Meiner Meinung nach sind die Verkehrsversuche ein guter Schritt, um aus Emden eine lebenswertere Stadt zu machen. Es braucht an vielen Stellen Neues und Innovationen. Für die Bürger:innen und auch für Tourist:innen. Mehr Grün, mehr Verweilräumen sind ein wichtiger Schritt. Eine Stadt, die sich nur oder überwiegend an den Bedürfnissen der Autofahrer:innen richtet, hat keine Zukunft.

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