Am Wochenende ist mit 91 Jahren der IKEA-Gründer Ingvar Kamprad verstorben. Er hinterlässt ein riesiges Unternehmen und viel Fragen.
Mein erstes Billy
Tatsächlich weiss ich nicht mehr genau, was mein erstes Möbelstück von IKEA gewesen ist. In meiner Heimat am Niederrhein gab es während meiner Kindheit und Jugend nur eine IKEA. Der befand sich in Dorsten, was schon mal eine gute halbe Stunde weit weg ist. Erinnern kann ich mich an das Bälleparadies (besser bekannt unter dem Namen Småland). Damals hat mir das Möbelhaus sicher gefallen, aber sehr oft waren wir nicht dort.
Später als junger Erwachsener gab es dann keine IKEA-Besuche mehr, auch nicht als ich zum Studium nach Bielefeld zog. Zu Beginn hatte Bielefeld noch kein schwedisches Möbelhaus. Parallel dazu befand ich mich auf einem Massivholztripp, von dem ich mich erst wieder erholte, nach dem ich in den Semesterferien bei einem Möbelhaus für günstige Massivholzmöbel (überwiegende aus Kiefernholz) gearbeitet hatte.
Als IKEA endlich in Bielefeld anschlug, wurde meine Frau und ich dort Stammgäste. Nach wie vor, trotz mehrfacher Umzüge, stammt über 50 Prozent unserer Einrichtung von IKEA. Mittlerweile haben wir sogar ein Billy, obwohl das nicht unser erstes Möbelstück von IKEA war.
Ingvar Kamprad kommt auch drin vor
Das alles hat noch herzlich wenig mit Ingvar Kamprad zu tun. Obwohl er es eigentlich ist, der IKEA zu dem machte, was es heute ist. Das Unternehmen trägt nach wie vor seine Initialen sowie die seines Geburtsortes — dem Hof Elmtaryd bei Agunnaryd. Gegründet wurde das Unternehmen 1943 zunächst als Versandhandel für sehr unterschiedliche Produkte, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Erst ein paar Jahre später erfolgte dann die Fokussierung auf Möbel. Günstiger angeboten werden konnten sie, weil der Kunde sie selber zu Hause zusammen bauen musste.
Gerade das selber zusammen bauen ist etwas, was IKEA nach wie vor ausmacht. Meine Frau und ich haben auf jeden Fall einen nicht unerheblichen Teil unserer Freizeit mit schrauben verbracht. Unter anderem eine komplette Küche für die letzte Wohnung (die wir leider wieder verkaufen mussten). Der legendäre Inbusschlüssel hat mittlerweile Kultstatus. Uns wird er weiter verfolgen, auch wenn das Unternehmen ihn abschaffen will.
Marotten und Missetaten
Das Ingvar Kamprad zu seinen Lebzeiten sehr sparsam gewesen sein soll, kann man als nette Marotte abtun. Oder als Kauzigkeit. Unsympathisch macht es ihn nicht, eher im Gegenteil. Wofür ich allerdings Null Verständnis habe, ist jegliche Form von Steuerhinterziehung. Und anders kann man es nicht nennen, wenn Stiftungen gründet sowie Tochertfirmen, die dem einzigen Zweck der Steuervermeidung dienen. So was macht IKEA unheimlich, den Konzern und seinen Gründer unsympathisch. IKEA ist an sich toll, keine Frage. Aber wer auf ein geschätztes Vermögen von 40 Milliarden Euro blicken kann, wirkt nicht sparsam, sonder geizig und erinnert verdammt an Ebenezer Scrooge. Der benötigte auch erst eine Läuterung, um sich der Gesellschaft mit Wohltaten zuzuwenden. Die Chance hat Ingvar Kamprad nun nicht mehr.