Mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist es so eine Sache. Wenige lesen sie. Das Beispiel Call a Bike zeigt, warum das jedoch dringend notwendig ist.
Nutzer ohne Nutzen
Seit dem ich in Köln wohne, kenne und nutze ich das Angebot von Call a Bike. In der Anfangszeit deutlich mehr als jetzt. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich etwa im vergangenen Jahr kein einziges Mal ein Fahrrad ausgeliehen. Es gab keine Gelegenheiten dafür und bei Grenzfällen siegte einfach immer die Angst. Als Fußgänger fühle ich mich einfach sicherer unterwegs.
Meine Erlebnisse mit Call a Bike sind bisher sehr unterschiedlich gewesen. Meist verlief alles glatt, aber es gab auch Momente, die meinen Puls beschleunigten. Nie vergessen werde ich auch die zwei Unfälle, bei denen ich mit einem Rad von Call a Bike unterwegs war. Beide verliefen ziemlich glimpflich und bei beiden war ich beeindruckt. Beeindruckt über die enorme Hilfsbereitschaft von Passanten. Das ist ausnahmsweise mal nicht ironisch gemeint bei mir. Ehrlich, in beiden Fällen war sofort jemand zur Stelle, der mich ansprechen und hilfsbereit war.
Call a Bike in Köln
Durch die zunehmend spärliche Nutzung von Call a Bike bin ich zum Teil nicht auf dem aktuellen Stand. So ist mir völlig entgangen, dass die Bahn jetzt mit einem Autohersteller zusammenarbeitet. In Köln kommen die Fahrräder von Call a Bike von Ford, da es hier eine Kooperation mit dem FordPass gibt. Kann man sicher kontrovers drüber diskutieren — ist aber nicht mein heutiges Thema. Mir geht es um die AGB beziehungsweise um einige Änderungen darin.
Gestern bekam ich eine E-Mail von der Deutschen Bahn Connect GmbH, in der die Änderungen bei der Fahrradvermietung aufgelistet wurden. Normalerweise lösche ich so was, ohne wirklich einen Blick darauf zu werfen. Das ich die Mail gelesen habe, war mehr oder weniger Zufall. Künftig werde ich das wohl nicht mehr machen, denn AGB und insbesondere Änderungen daran können mitunter böse Überraschungen beinhalten.
Kunden an der Kette
Im Teil 1 gibt es mit Paragraph 12 eine Regelung, die für sich erstmal fast harmlos klingt:
Der Anbieter wird nicht an einem Streitbeteiligungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes teilnehmen und ist hierzu auch nicht verpflichtet.
Als Nutzer von Call a Bike fragt man sich, warum man überhaupt mit dem Anbieter im Streit liegen könnte. Bei so einer einfachen Dienstleistung wird doch nichts passieren. Tja, der Teufel steckt jedoch im Detail. Etwa in den Nutzungsbedingungen. So darf das Fahrrad „nicht in Grünflächen (insbesondere Privatgrund und halböffentliche Flächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Friedhöfe, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze) geparkt oder abgestellt werden“. Kann man nachvollziehen, schließlich möchte man selber auch Räder zum ausleihen haben, an die man auch dran kommt.
Grundflächen
Was alles unter Grundflächen fällt, ist dann aber Definitionssache — und wird sicher zum Streitpunkt, wenn erhöhte Gebühren eingefordert werden. Die sind dann nicht nur fällig, wenn man ein Fahrrad abstellt, also die Ausleihe beendet. Sondern vielleicht auch, wenn man das Rad parkt. Parken erfolgt dann, wenn man das Rad abschließt, aber die Ausleihe nicht beendet. Etwa dann, weil man eben im Supermarkt einkauft und mit dem Rad wieder nach Hause fährt — habe ich oft genug getan. Die Uhr tickt dabei weiter und man bezahlt für das Fahrrad, während es geparkt ist.
Nehmen wir mal an, ich kaufe im Supermarkt Grillwürstchen und weitere Zubehör und transportiere das mit einem Call a Bike in den Mediapark (Grünfläche). Während ich ablade, schließe ich das Rad ab (parke also). Das wäre laut AGB eigentlich nicht zulässig.
Diebstahl und Beschädigung
Das Beispiel hört sich vielleicht etwas konstruiert an. Vermutlich wird es auch nur wenige Sonderfälle geben. Wesentlich interessant ist etwas, was sich im Preisverzeichnis versteckt. Dort heisst es unter dem Punkt „Entgelte für Haftungshöchstbeträge“:
Bei Diebstahl oder Beschädigung während der Mietzeit (nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit) werden 140 Euro fällig.
Mehrmals lesen und auf der Zunge zergehen lassen. Angenommen, ich leihe mir ein Rad aus, um damit einkaufen zu fahren. Vor dem Supermarkt schließe ich es ab (die Leihzeit läuft also noch weiter, da ich mit dem Rad auch wieder zurück fahren will). Während ich einkaufe, wird das Fahrrad geklaut. Dafür werden mir dann 140 Euro berechnet. Auch wenn jemand „versehentlich“ nur das Rücklicht abbricht (Beschädigung), während das Rad auf mich wartet.
So was sind dann sicherlich Streitfälle, bei denen man sich im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahren gütlich einigen könnte. Die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren wurde jedoch unter Teil 1 der AGB ausgeschlossen (siehe oben).
Rasierklingenritt
Mit solchen AGB wird Fahrrad fahren zum Ritt auf einer Rasierklinge. Man sagt, nicht werde so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Eine gewisse Coolness ist möglicherweise nicht verkehrt. Im Zweifelsfall ist man aber derjenige, der die berühmt A-Karte gezogen hat.
Bei mir nimmt die Motivation ab, in diesem Jahr Call a Bike eine neue Chance zu geben.
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