Für politisch Unbedarfte muss man direkt vorweg klarstellen, dass mit Jamaika in diesem Fall der Inselstaat in der Karibik gemeint ist. Den gibt es nach wie vor.
Scheitern und scheitern lassen
In diesem Fall ist mit Jamaika natürlich die Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen gescheiter. Wobei das so auch noch nicht richtig ist. Gescheitert ist nicht die Koalition, denn die gab es noch gar nicht. Es sind auch keine Koalitionsverhandlungen, sondern lediglich die Vorverhandlungen gescheitert. Nimmt man es als genau, gab es Jamaika gar nicht in auf Bundesebene. Rollen wir aber das Rad der Zeit etwas zurück und sehen uns an, warum überhaupt Gespräche mit so unterschiedlichen Parteien wie CDU/CSU, FDP und Grünen stattgefunden haben. Die Bundestagswahl im Herbst führte zu einer Erosion der politischen Landschaft. Rechnet man die Stimmverluste zusammen, kassierte die bis dahin regierende Große Koalition aus CDU/CSU und SPD ein Minus von 14 Prozent der Stimmen. Das als Grundlage betrachtend kann man durchaus sagen, die Große Koalition sei gescheiter.
Sie scheiterte, weil den Menschen im Land eine klare Kontur fehlte. Auch wenn CDU/CSU in absoluten Zahlen mehr Verluste einfuhren als die SPD, so war es doch für die Sozialdemokraten besonders schmerzhaft, auf ein Ergebnis von lediglich 20,5 Prozent zu kommen. Ein historischer Tiefpunkt. Das der SPD-Vorsitzende und Spitzenkandidat Martin Schulz umgehende eine Große Koalition ausschloss, war meiner Meinung nach nur konsequent. Vielleicht war es auch das Beste, was Schulz in den letzten Monaten überhaupt für die Partei getan hat. Noch besser wäre, er hätte gleich seinen Hut genommen, aber nach wie vor hält er am Glauben fest, die SPD weiter in die Zukunft führen zu können. Wenn die Zukunft Abgrund heisst, liegt er damit wohl auch richtig.
Jamaika als logische Konsequenz
Ziemlich schnell zeichnet sich nach der Wahl ab, dass als einzige wirklich stabile Option für die künftige Bundesregierung Jamaika sein würde. Also eine Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen. Rechnerisch führt keine andere Konstellation zu einer Mehrheit. Abgesehen von der bereits ausgeschlossen Großen Koalition und Koalition, die politisch nicht und auch gesellschaftlich nicht gewollt sind. Etwa Union, Linke und AfD. Es fanden Sondierungsgespräche für Jamaika statt, die sich bereits über vier Wochen hinzogen. Am vergangene Sonntag dann erklärte der Parteivorsitzende der FDP, Christian Lindner, die Verhandlungen für gescheitert.
Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.
Christian Lindner, FDP
Für die Verhandlungsführer der CDU, CSU und den Grünen war das wie ein Schlag vor den Kopf. Wägte man sich doch im Glauben, eine ganze Reihe von Hindernissen bereits aus dem Weg geräumt zu haben. Nach Aussagen der Grünen sei man dabei teilweise über die eigene Schmerzgrenze hinaus gegangen. Was die FDP wirklich bewogen hat, die Gespräche abzubrechen, wird wohl erstmal im Dunklen bleiben. Offiziell heisst es allerdings, das man viele Vereinbarungen für schädliche halte und eigen Grundsätze aufgegeben hätte. Statt sich aufeinander zu zubewegen, wie man das von erwachsenen Menschen erwartet, beharrt man lieber auf seinen Positionen. Ganz so, als hätte man in der Zeit fernab des Bundestages nichts gelernt.
Ausblick auf die kommenden Monate
Wie es jetzt wirklich weiter geht, ist erstmal unklar. Mit viel Optimismus wird man die nächsten Tage und Wochen als spannende Zeit bezeichnen. Es stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel so etwas wie einen Plan B in der Tasche hat. Naheliegend wäre ja jetzt, wieder auf das Modell vor der Wahl zurück zugreifen und eine Große Koalition mit der SPD anzustreben. Dies hat Martin Schulz aber erneut ausgeschlossen. Ganz offiziell gibt es auch vom Präsidium und dem Parteivorstand einen Beschluss:
Wir stehen angesichts des Wahlergebnisses vom 24. September für den Eintritt in eine Große Koalition nicht zur Verfügung.
Das kann man gut heißen oder auch schlecht finden. Man kann der SPD vorwerfen, sie würde sich der Verantwortung entziehen. Tatsache dürfte sein, dass die Menschen im Land mit Sicherheit keine große Koalition mehr wollen. Genau so trifft es zu, dass die SPD durch eine solche noch mehr Schaden nehmen würde.
Wenn sich also keine andere Möglichkeit mehr ergeben wird, dann läuft es, trotz der hohen Hürden auf Neuwahlen hinaus — mit unklarem Ausgang. Im schlimmsten Fall würde diese aber zu einem ähnlichen Ergebnis führen. Und das ist nicht nur guter Rat teuer, sondern der „Spaß“ hat zudem rund 100 Millionen Euro gekostet.
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