Relativ zeitnah nach der Wahlniederlage vom vergangen Sonntag hat die SPD in Nordrhein-Westfalen eine Koalitionsaussage getroffen. Nämlich die, dass man keine Koalition mit der CDU eingehen werden.
Notwendige Auszeit
Als (leidendes) SPD-Mitglied sorgte die Absage an eine Koalitionsaussage bei mir für Erleichterung. Wie auch einige anderen Genossen von der sogenannten Basis bin ich der Meinung, uns würde eine Pause gut tun. Hier in #NRWIR brauchen wir Zeit zum Nachdenken. Zum neu aufstellen. Kurzum, eine Phase der Konsolidierung ist wichtig, sofern wir in der Herzkammer der Sozialdemokratie (NRW) in absehbarer Zukunft noch eine solche haben wollen.
Zugegen, das Ganze ist aus Sicht eines Parteimitgliedes betrachtet. Der Wille von Wählerinnen und Wähler fällt hierbei vollkommen unter den Tisch.
Keine Koalitionsaussage zu früh
Das aus einer Koalitionsaussage früh, eventuell vielleicht zu früh eine Koalitionsabsage wurde, kann man auch anders sehen. Der Tagesspiegel spricht in diesem Zusammenhang von einer verantwortungslosen Handlung. Das sind harte Worte. Nicht nur als Mitglied muss man sich fragen, ob daran etwas wahr ist. Oder ob sich hierbei um reine publizistische Polemik handelt, die ähnlicher Weise erfolgt wäre, hätte die SPD lauthals „Hurra“ gejubelt — und wäre all zu bereit gewesen für eine Koalition.
Der Tagesspiegel sieht sich als Vertreter der Wählerinnen und Wähler, dessen Wille verraten wurde. Die SPD habe, so der Tenor, nur knapp verloren und würde sich durch die frühe Absage aus der Verantwortung stehlen.
Gut für das Land
Ob eine Koalitionsaussage seitens der SPD wirklich gut für das Land ist, sei mal dahingestellt. Opposition ist ganz deutlich kein Mist und alles anderes als der leichtfertige Versuch, sich aus der staatsbürgerlichen Verantwortung zu stehlen. Es ist nicht kleingeistig, nein zu sagen, sondern erfordert mindestens eine gehörige Portion Mut. Mut und eben auch Einsicht, welche Folge eine Koalitionsaussage haben würde. Diese würde den eigenen Parteimitgliedern ebensowenig schmecken wie den Menschen in Nordrhein-Westfalen.
Zugegeben, das ist jetzt spekuliert. Allerdings habe ich auch gesehen, wie am vergangenen Sonntag abgestimmt wurde. Es gibt nämlich nicht nur Stimmzettel, wo sowohl 1. als auch 2. Stimme für die SPD vergeben wurde.
Zweitstimme als strategische Signal
Geschätzt zwischen 20 bis 30 Prozent der gesamten Erststimmen für die SPD in dem Wahlkreis, wo ich mit ausgezählt habe, waren Stimmen mit abweichender Zweitstimme für die Grünen. Bei einer Koalitionsaussage der SPD für eine Regierungsbeteiligung mit der CDU wären diese Gruppe von Wählerinnen und Wählern zu Recht enttäuscht. Mit ihrer Stimme haben sie klar zum Ausdruck gebracht, welche Koalition sie sehen wollten. Sicher haben sie in einem Bezirk mit deutlich mehr SPD-Wählern als Grüne-Wählern auch dafür gesorgt, dass das Direktmandat ganz deutlich an die SPD statt die CDU ging.
Verlorener Sieger
Sofern die FDP eine Koalitionsaussage zugunsten der CDU in NRW treffen wird, ließe sich eine Landesregierung mit einer Stimme Mehrheit bilden. Das ist mit Sicherheit unbequem. Recht gut kann ich mich aber noch an die Anfangszeit der Regierung kraft erinnern, als 2010 eine rot-grüne Minderheitsregierung gebildet wurde. Die CDU steht vielleicht etwas auf verlorenem Posten, aber wir in der SPD wissen nur zu gut: wer im Fahrwasser der CDU fährt, geht irgendwann unter.
Jetzt auf die SPD einzuschlagen, weil sie Wählerinnen und Wähler „verrät“ oder sich nicht staatstragend verhalten würde, ist reine Bashing. Aber keine Sorge, in der SPD ist man zumindest das mittlerweile gewohnt.