Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Aus der Perspektive zwei Menschen zu schreiben, die mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr betroffen sein werden, ist zugegeben etwas schwierig. Welche Zukunft die Geburtshilfe in Köln-Nippes hat, könnte meiner Frau und mir im Prinzip ziemlich egal sein. Ist es aber nicht, aus einer ganzen Reihe von Gründen.

Keine Kinder heisst nicht kinderfeindlich

Auch wenn wir keine Kinder haben, sind wir alles andere als kinderfeindlich. Wir mögen Kindern, allein schon aus beruflichen Gründen gibt es bei meiner Frau erhebliches Interesse am Nachwuchs anderer. Zudem leben wir in einem Stadtteil und einer Siedlung mit einem hohen Anteil an Familien und Kindern. Ohne Kinder würde eine Gesellschaft aussterben. Das man es mit dem Nachwuchs im Sinne der Ressourcenschonung nicht übertreiben sollte, ist dann ein anderes Thema.
Warum mich seit ein paar Tagen das Thema Geburtshilfe beschäftigt, ist schnell erklärt.

Geburtshilfe ist wichtig

SeppH / Pixabay

Geburtshilfe vor der Haustür

Das St. Vinzenz-Hospital in Nippes liegt vor der Haustür, quasi ein Steinwurf weit entfernt von der autofreien Siedlung. Strategisch wertvoll dürfte daher auch die angebotene Geburtshilfe im St. Vinzenz-Hospital sein, denn in der autofreien Siedlung wohnen viele Familien. Mit der Wohnungsbau auf dem Cloud-Gelände an der Xantener Straße dürften noch mal einige dazu kommen. Aus meiner Sicht ist Nippes ein familienfreundlicher Stadtteil, dazu gehört eben auch eine Klinik mit eigener Geburtsstation.

Kinder und Kohle

Betrachtet man die Zahlen aus dem Statistischen Jahrbuch 2016 für Köln, so sieht die Entwicklung in Nippes bezogen auf das ganze Stadtgebiet immer noch sehr positiv aus. Nach wie vor ist einer der Stadtteile mit der höchsten Geburtenrate. Wenn überhaupt so kann nur von einem leichten Rückgang gesprochen werden. Im Jahr 2015 wäre es 1155 Geburten, 2016 dann „nur noch“ 1135. Ein Rückgang von 21 Prozent, wie seitens des Betreibers der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe im St. Vinzenz-Hospital in Nippes behauptet wird, ergibt sich daraus nicht. Die Entscheidung, zum Ende des Jahres die Geburtshilfe in Nippes aufgegeben ist daher eigenartig. Eigenartig und schwer nachzuvollziehen.

Gute Ideen kaputtsparen

Mit der Schließung der Station in Nippes zugunsten des Krankenhauses in Longerich verlieren nicht nur zahlreiche Mitarbeiterinnen ihren Arbeitsplatz, sondern es wird auch eines der wenigen bundesweiten Projekte vor die Wand gefahren. Im St. Vinzenz-Hospital gibt es einen von gerade einmal 17 bundesweiten hebammengeleiteten Kreißsälen.
Man kann die Tätigkeit von Hebammen eigentlich nicht genug hervorheben. Und obwohl sie wichtig ist, werden Hebammen immer wieder Steine in den Weg geworfen. Nach der Verschlechterung im Hinblick auf den Versicherungsschutz 2015 für freiberufliche Hebammen ist die Schließung der Geburtstation im St. Vinzenz-Hospital ein weiterer Schlag.

Kurs der Gesellschaft

Im Prinzip sind Kinder gesellschaftlich und politisch gewollt. Zumindest solange sie möglichst wenig kosten. Das fängt offensichtlich schon vor und während der Geburt an. Statt auf ein bewährtes Betreuungsmodell zu setzen, wird rationalisiert. Vielleicht auch damit die Neugeborenen schon mal was fürs Leben lernen. Schließlich sind sie auch im Alter, wenn sie zum Pflegefall werden, nur ein Kostenpunkt.
Genau dieser Aspekt ist es, der uns alle, ob mit oder ohne Kinder, auf die Barrikaden bringen sollte. Es geht nicht nur um die Geburtshilfe in Nippes, sondern letztendlich um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.
Flagge zeigen kann man im Übrigen am 5. Mai in Düsseldorf.

2 Kommentare

  1. Das Problem – eine Geburtsklinik unter 1600 Geburten ist selten wirtschaftlich.

    Krankenhäuser werden oft als Wirtschaftsunternehmen geführt, da spielt das Thema Grundversorgung dann nur eine Rolle weil es Zuschüsse gibt.

    Auch wenn Köln nicht gerade ländlich ist, gibt es Bereiche in DE wo der nächste Arzt 30 Kilometer entfernt ist und das nächste Krankenhaus 100.

    Das schlimme ist, das durch die Versicherungen eine Alternative verschwindet – die Hebamme.

    Kein Wunder das es immer mehr ‚allein‘ Gebährende gibt.

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