Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Beim Blick Richtung Saarland vergesse ich nicht, welcher Partei ich freiwillig als Mitglied angehöre. Daher wünsche ich mir grundsätzlich eine starke SPD und keine Sozialdemokraten als Juniorpartner. Gleichzeitig aber gehöre ich in der Partei zu denjenigen, die skeptisch angesichts eines angeblichen Schulz-Effektes sind. Wie berechtigt diese Skepsis ist, zeigt die gestern erfolgte Landtagswahl in Saarland.

Die Gefahr von Umfragen

In den Prognosen vor der tatsächlichen Wahl lag die SPD im Saarland bei weit über 30 Prozent. Etwa in einer am 16. März veröffentlichten Umfrage der Süddeutsche Zeitung bei 34 Prozent, mit einem Stimmenzuwachs von immerhin acht Punkten. Die CDU sah man bei 35 Prozent, was einem Verlust von drei Punkten entsprochen hätte.
„CDU uns SPD“ fast gleichstark, hieß es.
Zusammen mit solchen Prognosen kursieren dann auch immer mögliche Szenarien — wer mit wem eine Koalition eingeht. Gerade die Spekulationen können jedoch auch eine abschreckende Wirkung entfalten. Nicht jeder, der SPD wählen würde, findet eine Koalition mit der Linkspartei erstrebenswert. Insbesondere im Saarland, dem Stammland von Oskar Lafontaine.
Da sich die saarländische SPD auch sehr bedeckt hielt hinsichtlich möglicher Koalitionen, befeuerte das Spekulationen. Hinzu kam dann noch die prinzipielle Zufriedenheit mit der amtierenden Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU).

Vorläufiges amtliches Endergebnis

Das Wahlergebnis könnte man Klatsche für die SPD und Martin Schulz interpretieren. Oder aber die Kirche im Dorf lassen und ganz nüchtern saarländische Ergebnisse eben nicht auf die kommende Bundestagswahl übertragen. Ein wirklicher Trend kann man erst erkennen, die Wahlergebnisse im Mai in Nordrhein-Westfalen feststehen.

Wahlergebnis 2017 im Saarland

Wahlergebnis 2017 im Saarland / Quelle: Statistisches Amt Saarland

Mit einem Ergebnis von 40,7 Prozent und einem Zuwachs von etwa 5,5 Prozent kann die CDU auf jeden Fall zufrieden sein. Die Aussage der Wählerinnen und Wähler wäre hier: ihr habt euren Job mehr als gut gemacht und wir trauen euch das auch für die nächsten vier Jahre zu. Die SPD kommt auf 29,6 Prozent und verliert einen ganzen Punkt. Trotz Martin Schulz — aber der spielt politisch im Saarland auch eigentlich keine Rolle. Wesentlich deutlicher wurde die Linkspartei mit einem Verlust von 3,3 Prozent bestraft. Eine mögliche Interpretation wäre hier, dass die Wählerinnen und Wähler kein Rot-Rotes Bündnis wollen. Zumindest nicht im kleinsten Flächenland.

Gewinn- und Verlustrechnung

Stimmen Gewinne und Verluste / Quelle: Statistisches Amt Saarland

Endgültig in der Realität angekommen sein dürften die Piraten. Sie haben einen Verlust von 6,7 Prozent zu beklagen und sind mit einem Gesamtanteil von 0,7 Prozent nur noch eine unbedeutende Splitterpartei außerhalb des Landtages. Ebenfalls draußen sind Grüne und FDP.
Bedauerlicherweise über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen ist die AfD.

Was das Saarland lehrt

Die allererste Überlegung wäre wohl die, Männern das Wahlrecht zu entziehen. Hätten nur Frauen abstimmen dürfen, wäre die AfD nicht in den Landtag eingezogen. Aber mal Scherz beiseite. Martin Schulz ist kein Selbstläufer. Nur weil (fast) alle in der SPD an ihn glauben, führt das nicht automatische bei jeder künftigen Wahl zum Sieg. Als Genosse darf man sich zwar ein Ergebnis wünschen, letztendlich entscheiden aber die Wählerinnen und Wähler. Und ja, die haben sich garantiert auch was bei ihrer Stimmabgabe gedacht.
Muss man jetzt die Schuld bei Schulz suchen? Ganz klar nicht. Man sollte sich fragen, ob der Hype nicht auch abschreckend gewirkt hat. Natürlich verzeichnete die SPD eine enorme Anzahl an Beitritten. Selbst wenn das ganze Saarland der SPD beigetreten wäre, würde das dennoch nicht einen garantieren Wahlsieg ergeben. Menschen neigen mitunter dazu, sich eine eigene Meinung zu bilden — trotz oder gerade weil sie in einer Partei sind.
Eine mögliche Lehre aus dem Ergebnis des vergangenen Sonntags wäre, für die Bundestagswahl weniger die Person denn das Programm in den Vordergrund zu stellen.

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