Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Bei manchen Äußerungen von Politikern frage ich mich, aus welcher populistische Ecke sie gerade wieder hervorgekrochen kamen. Bei anderen schämen ich mich zusätzlich noch darüber, dass sie in der selben Partei sind wie ich. Insbesondere dann, wenn sie ausgerechnet auch noch Fraktionschef der SPD im Bundestag sind.

Das was Thomas Opperman kürzlich forderte, treibt mir die Schamröte ins Gesicht. Seiner Meinung wären Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika ganz ok, um den miesen Schleppern in die Suppe zu spucken. Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa, die im Mittelmeer gerettet würden, sollten in diese Lager statt auf dem europäischen Festland untergebracht werden.

MichaelGaida / Pixabay

Mit anderen Worten: Es sollen also Menschen, die unter Umständen knapp dem Tod auf hoher See entronnen sind wieder zurück zum Ausgangspunkt ihrer Reise über das Mittelmeer geschickt werden. Klar, die Unterbringen in Nordafrika hat auch einen gewissen Reiz – für Politiker, die mit dem Taschenrechner kalkulieren statt Mitgefühl zu zeigen. Die Unterbringung in Afrika ist mit Sicherheit deutlich billiger.

Das die so genannten stabilen Transitländer es mitunter mit der Menschenwürde nicht so genau nehmen, nur ein kleiner, völlig unbedeutender Schönheitsfehler. Das Thema Flüchtlinge hat was mit innerer Sicherheit zu tun. Ja, vielleicht. Aber auf jeden Fall mit Mitmenschlichkeit. Die sollte einem eigentlich verbieten, auch nur ansatzweise in die Richtung „Flüchtlingslager“ zu denken.

Dabei ist Oppermann anscheinend schon bewusst, woran es den Transitländern mangelt. Flüchtlinge werden dort eingesperrt, misshandelt und vegetieren unter unwürdigen Zuständen vor sich hin. Menschen, die unseren Schutz bräuchten, zeigen wird die kalte Schulter. Asyl wird outgesourct, in Drittländer wo es billiger ist.

Das Auffanglager tatsächlich den Schleppern das Handwerk legen, fraglich ob Herr Obermann das auch glaubt was er da behauptet. Die Schlepper werden anderen Mittel und Wege finden, um die Flüchtlinge auf das europäische Festland zu verschiffen. Egal wie viel Leben das fordert. Und die Flüchtlinge selber werden auch diesen Strohhalm ergreifen in ihrer Verzweiflung. Denn sie sind zwar verzweifelt, aber nicht dumm. Wer in einem Auffanglager in Nordafrika landet, wird mitunter deutlich geringere Chancen auf Asyl in Europa haben als derjenige, der seine Füße bereits auf europäischem Boden stehen hat.

Überhaupt, was mich an der Diskussion auch angewidert, ist der Begriff. Lager. Das klingt genau nach dem, wie man es sich vorstellt. Wie wäre es mit „sicherer Unterkunft“? Ach ja, stimmt, die kann oder will man den Flüchtlingen (erstmal) nicht bieten.

Momentan berauscht man sich in der SPD an Martin Schulz. Man sollte sich aber daran erinnern, dass auf dem Parkett noch andere herumtanzen. Politiker, die zum dem Bild, was die SPD von sich nach der Post-Gabriel-Ära gerne sehen würde, nicht passen. Oppermann vertritt Standpunkte der Union — und hoffentlich keinen, der konsensfähig ist in der SPD.

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