Kann Kunst irgendwo im Ruhrgebiet, zwischen Bochum und Gelsenkirchen entstehen? Eine Frage, um die es in „Das kaputte Knie Gottes“ von Marc Dengens gehen könnte — wenn man ihn denn mit dem Maßstab von „Literatur“ misst und anfängt zu interpretieren. Dabei würde man dem Roman allerdings nicht gerecht werden, denn er ist im besten Sinne des Wortes Unterhaltung.
Kurz zur Handlung des Romans. Erzählt wir er aus der Perspektive von Mark (schreibt mit K, während der Autor des Buches mit C geschrieben wird…), der das Buch nicht geschrieben haben will, um sich an seinem Freund Dennis zu rächen — ihm aber nicht verzeihen kann. Während dieser Mark seine Frauengeschichte überwunden hat und ein solides Leben als Lehrer mit seiner Frau Katharina führt, ist aus Dennis ein erfolgreicher Künstler geworden. Dabei fing die Karriere von Dennis alles andere als vielversprechend an. Mit seiner Bildhauerei kam er auf keinen grünen Zweig, stolperte von einem Mini-Job zum nächsten, im am Rande der Verzweiflung. Nur die Freundschaft zu seinem Freund Mark schien ihn zu tragen. Schon seit Schulzeiten befreundet hielten sie auch im Studium noch Kontakt zueinander. Wobei Dennis sein Studium zu Gunsten der Kunst aufgab, während Mark seine Schreibtätigkeit der Sicherheit einer Lehrerstelle opferte.
Die Handlung ließe sich auch anders skizzieren, beispielsweise wie auf dem Klappentext oder in der Verlagsangabe. Letztendlich läuft es auf den kleinen Wahnsinn hinaus, der nicht nur die Figuren im Buch, sondern uns alle umgibt. Marc Degens erzählt flott eine Geschichte ohne Ecken und Kanten. Es tauchen Figuren auf, die man verstehen kann oder aber die einem herzlich egal bleiben.
Im Grund ist das Buch wie ein warmer Sommerregen. Es tröpfelt draußen, man sieht von drinnen zu und verbringt dennoch ein paar angenehme Stunde mit dem Roman. Am auffälligsten ist der Sound. Gedämpfte Musik aus den 90er Jahren, eine Zeit, in der ich selber noch studierte — da hilft, die Figur von Mark zumindest im Ansatz zu verstehen. Der beschriebene Dennis jedoch bleibt auf Distanz, auch wenn er die eigentliche Hauptfigur des Romans ist.
Vieles bleibt blass. Ob die Handlung im Ruhrgebiet spielt oder in Berlin, die Orte sind austauschbar. Trostlosigkeit ließ sich in den 90er Jahren auch an anderen Stellen finden.
Ein Leben als vierundzwanzigjähriger Bildhauer in Bochum-Wattenscheid ist ebenso traumhaft wie der Aufstieg eines Armlosen in die Top Ten der Tennisweltrangliste.
Dennis in: „Das Kaputte Knie Gottes“ von Marc Degens
Das Cover des Buches ziert eine Bananenschale. Möglicherweise ein Hinweis darauf, dass der ganze Roman nur ein Ausrutscher des Autors war. Wie dem auch sei, das Buch schadet nicht. Man muss es aber auch nicht unbedingt gelesen habe. Auf keinen Fall sollte man sich im Übrigen von den ersten Absätzen ködern lassen. Hier ist Degens ein guter Hook gelungen, allerdings zappelt man wie ein Wurm an einer ausgestreckten Angel zu lange in der Luft. So lange, bis man auf der letzten Seite angelangt ist und über dem Kopf die Frage schwebt: Wie, das war es jetzt?