Einen ganzen Tag ist das neue Jahr erst alt, da überrascht es mich mit Schnee. Auf dem Sofa liegend blicke ich nach draußen und habe ein Gefühl von Behaglichkeit. Eine warme Wohnung im Winter fühlt sich einfach grandios an, wenn es draußen kalt ist, Schnee liegt und man einer Tasse heißen Kakao oder Tee drinnen ist.
Klar wir es über den Tag vermutlich ganz schnell wieder auftauen. Aber darum geht es erstmal nicht. Es ist das Gefühl in genau diesem Moment. Den Blick festhalten, vom noch beleuchteten Weihnachtsbaum heraus aus dem Fenster zum Schnee. Größtenteils noch unberührt, nur wenige Fußspuren und Abdrücke von Fahrradreifen.
Beim zweiten Mal bleibt der Blick jedoch am Baum hängen. Trotz der Dekoration ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Traurig hängen Zweige herunter, die Nadeln sind pulvertrocken. Seit dem wir in Köln wohnen, scheinen sich unsere Weihnachtsbäume trotz gleichbleibend guter Pflege nie besonders lange zu halten. Noch nie war es aber so schlimm, dass wir bereits am 2. Januar Abschied nehmen mussten. Eigentlich lassen wir den Weihnachtsbaum gerne bis zum 6. Januar stehen. So wir er jetzt aber wirkt, deprimiert das nur noch.
Abgeschmückt, über den Balkon geworfen und zu den anderen Bäumen aus der Nachbarschaft draußen hingelegt wird er auf den Beginn seiner letzten Reise warten. Ganz unweigerlich muss ich an das Märchen von Hans Christian Andersen denken.
Der Tannenbaum – einmal im Jahr spielt er eine Hauptrolle, aber in den meisten Haushalten die letzte Rolle seines Lebens. Wider blicke ich in den Schnee, tatsächlich schmilzt er bereits. Was für ein merkwürdiges Gefühl am zweiten Tag im neuen Jahr zu sehen wie etwas schwindet. Zurück bleibt nur hässliches Grau. Genau deshalb mag ich lange Winter mit viel Schnee. Taut dieser dann erst im Frühjahr auf, zeigt sich bereits das erste Grün.