Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Stunden später, Wehmeier saß längst zu Hause am Küchentisch, musste er noch immer an den Schokoaldenpudding denken. Vielleicht, so vermutete er, gab es neues Personal in der Kantine, welches noch nicht mit den Abläufen vertraut war.

Aus diesem Grund, denn es konnte seiner Ansicht nach nur ein Versehen gewesen sein, stand der Nachtisch am falschen Platz. Morgen, ganz sicher, würde sich das aufklären und alles wieder so sein, wie es immer gewesen war.

Um sich für anstrengenden Tag zu belohnen, nahm Wehmeier noch eine dritte Gewürzgurke aus dem Glas, die er vorsichtig in Scheiben schnitt und auf auf der Salamiescheibe, mit der er sein Brot belegt hatte, platzierte. Später würde er sich noch eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank nehmen. Dort befand sich für jeden Arbeitstag der Woche eine Flasche, jeden Samstag holte Wehmeier Nachschub. Man darf sich nie gehen lassen, hatten ihm seine Eltern beigebracht, daher verzichtet er an den Wochenenden auf sein Bier und trank statt dessen einen Wein, an Feiertagen sogar einen Likör, wenn er in Stimmung dafür war.

Bis zum Wochenende waren es noch zwei Tage. Wehmeier erledigt lustlos den Abwasch, stellte den Teller zurück in den Schrank, legte das Besteck zurück in den Kasten. Dabei nahm er den Flaschenöffner aus der Schublade, den er sich in die rechte Tasche seiner Cordhose steckte. Zusammen mit der Bierflasche ging er ins Wohnzimmer, wo bereits die aufgeschlagene Fernsehzeitung auf ihn wartete. Das Programm für den heutigen Mittwoch. Unentschlossen schaltete Wehmeier den Fernseher an, bevor mit ziemlich Entschlossenheit einen ersten, tiefen Schluck aus der zuvor geöffneten Bierflasche trank. Im Grunde, gestand er sich ein, war es ihm heute eigentlich egal, was im Fernsehen gebracht wurde.

Eine Dokumentation über den Louvre in Paris. Wenig Aufregung, die hatte er schließlich bereits genug gehabt. Beim zweiten Schluck aus der Flasche wurde der Bildschirm schwarz. Die Luft knisterte etwa. Dann verbreitete sich ein stechender Geruch im Wohnzimmer.

Wehmeier starrte auf die Flasche in seiner Hand, auf den Fernseher, der immer noch dunkel blieb und wieder auf die Flasche. Erst als im vom Geruch des defekten Gerätes fast schlecht wurde, erhob Wehmeier sich vom Sofa und riss das Fenster auf.

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