Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Nachwehen der US-Wahl sind bei mir längst nicht abgeklungen. Allerdings setzt langsam ein Erkenntnisprozess ein. Zunächst einmal waren es keine dummen Menschen, die Trump gewählt haben. So was sagt sich immer leicht, aber greift zu kurz. Es ist zudem auch ein plakativer, einfacher aber falscher Erklärungsversuch, bei dem die Wählerinnen und Wähler von Trump ausgereizt und für nicht voll genommen werden.

Der zweite Punkt, den man sich unbedingt vor Augen halten sollte: es war eine demokratische Wahl. Die hat Donald Trump gewonnen, ob einem das nun passt oder nicht. Was mir überhaupt nicht passt sind jetzt im Nachgang Diskussion über die Mängel im amerikanischen Wahlsystem. Die gibt, klar. So was diskutiert man aber vor der Wahl oder mit deutlichem zeitlichen Abstand nach einer Wahl. Ansonsten sieht es nämlich verdammt danach aus, dass man nur darüber spricht, weil einem der Ausgang der Wahl nicht passt.

Unsplash / Pixabay

Wenn ich eins noch weniger mag als Trump, dann sind das schlechte Verlierer.

Jetzt mit dem Zeigefinger auf die US zu zeigen ist möglicherweise auch etwas zu früh — nächstes Jahr sind in Deutschland Bundestagswahlen und wir wissen nicht, was uns danach erwartet. Vielleicht wären wir dann froh, wenn wir nur so einen wie Trump als Bundeskanzler hätten.

Kommen wir aber zu dem, wo Trump angeblich recht hat. Oder möglicherweise recht haben könnte — obwohl er mit ziemlicher Sicherheit selber dazu gehören möchte. Oft hat er sich gegen das politische Establishment gewendet, ihm Korruption und Lobbyismus vorgeworfen. Etwas unpassend, wie ich finde. Den Schuh, dass Politiker nicht wirklich unabhängig sind und für eine bestimmte Überzeugung stehen, den müssen sich allerdings einige tatsächlich anziehen. Insbesondere der Politiker aus meiner SPD, an dem ich mich immer wieder abarbeite.

Sigmar Gabriel steht für alles, was ich in Deutschland nicht auf dem Sessel im Bundeskanzleramt sehen möchte. Unter anderem deshalb, weil er so ein schrecklicher Wendehals ist. Jemand, der Prinzipien über Bord wirft, wenn es ihm passt. Unvorstellbar, dass so jemand mal Bundesumweltschutzminister war, über den die Süddeutsche Zeitung schreibt:

Der SPD-Chef kuscht vor Lobbygruppen und stoppt den Klimaschutzplan. Das Signal: Wenn es hart auf hart kommt, zählt die Wirtschaft mehr als Kohlendioxid.

Quasi über Nacht kippt Gabriel in seiner Rolle als Bundeswirtschaftsmister den Klimaschutzplan, welche unter Führung einer sozialdemokratischen Bundesumweltministerin ausgearbeitet wurden. Kuschen vor der Industrie und Gewerkschaften, die zum vermeintlichen Erhalt einiger Arbeitsplätze den Umweltschutz zur Disposition stellen.

Um seine politische Glaubwürdigkeit allerdings muss sich Gabriel keine Gedanken machen, er hat sie längst verloren. Wer die Wirtschaft über die dringend gebotene Reduzierung des Kohlendioxidausstosses stellt, ist für mich untragbar. Sowohl als Politiker als auch als Genosse.

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