Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Bettnässer hinter der Kamera

Es bedarf schon einiges, um aus einem in der Regel umgänglichen Menschen (also mich) in eine gehässige Person zu verwandeln. Aber bitte, wenn es nicht anders geht: ich für meinen Teil halte Werner Herzog für einen dementen Bettnässer. Seine Filme habe ich nie gesehen und werde sie mir auch jetzt nicht mehr ansehen — nicht nach diesem überaus arrogant, besserwisserischen Interview. Einem Interview, in dem er gegenüber „Welt“ Kritik an Trump für Gejammer hält und das ganze für „reine Bettnässerei“ hält.

Herzog hält sich für so klug insbesondere uns Europäern die Welt zu erklären und zu sagen, dass Trump gar nicht so schlimm sei. Wobei, Barbara Möller von der Welt hat die Aussagen auch ein Stück weit provoziert, wenn sie einleitend Herzog fragt: „Wie wirkt da unsere Trump-darf-auf-gar-keinen-Fall-gewinnen-Hysterie auf Sie?“

Trump für eine gefährliche Person zu halten entspringt keiner Hysterie. Es ist auch keine oberflächliche Einschätzung. Skepsis, Besorgnis und Angst einfach so wegzuwischen und zu behaupten, es würde alle ja nicht so schlimm kommen ist unangemessen und peinlich. Die Vergleiche mit Berlusconi und Regan sind unpassend von Herzog, denn die spielten in einem ganz anderen Lager.

Das Interview ist ein Lehrstück für schlechten Journalismus. Frau Möller hätte beispielsweise Herzog fragen sollen, ob er Erdoğan auch für wesentlich harmloser hält aus wir westlichen Europäer mit unserem Merkwürdigen Vorstellungen von Menschenrechten und Demokratie.

Den Willen zur Macht eines Menschen zu unterschätzen, kann teuer zu stehen kommen. Trump ist genau so wenig kontrollierbar wie jene Person, über die man mal behauptet hatte, man habe sie in zwei Wochen „in die Ecke gedrückt, daß er quietscht“.

Herzog glaubt an Kontrollorgane — aber mit Politik scheint er sich nicht wirklich auszukennen. Sonst könnte er sich auch ausmalen, was passieren wird, wenn Trump Präsident würde und sowohl im Repräsentantenhaus aus auch im Senat die Republikaner eine Mehrheit haben. Errungenschaften unter Präsident Barack Obama würden rückgängig gemacht, frei werden Ämter mit konservativer Gefolgschaft besetzt.

Hier in Europa gibt es keine Hysterie — sondern ein großes Mitgefühl für die Amerikanerinnen und Amerikaner, die unter einer Regentschaft von Trump leiden werden. Trumps Politik wird nicht die Reichen treffen, sondern die, die Rand der Gesellschaft stehen. Das ausgerechnet sich ausgegrenzt fühlende Weiße zu den Anhängern von Trump gehören, ist ein Stück weit bittere Ironie, die sie selber erst erkennen werden, wenn es zu spät ist.

Wenn man wie Herzog Jahrgang 1942 ist, sagt das lediglich aus, wie alt man ist — nicht aber über wie viel Weisheit man verfügt. Herzog irrt in seiner Sichtweise hinsichtlich Trump gewaltig — er er hält ja auch Veronica Ferres für eine gute Schauspielerin.

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