Aus der Antike ist die Vier-Säfte-Lehre überliefert, wonach sich die Krankheiten des Menschen auf Störungen im Fluss der Säfte zurückführen lassen. Zentrales Organ für die Säfte sollte demnach die Leber sein, die auch bestimmend für das Temperament eines Menschen verantwortlich gemacht wurde.
Diese vielleicht doch sehr haarsträubende Vorstellung haben wir überwunden, die moderne Medizin stützt sich weitestgehend auf Fakten. Geblieben ist die Säftelehre und die Bedeutung der Leber jedoch zum Beispiel in einer Redensart. So spricht man von „einer beleidigten Leberwurst“, wenn ein Mensch mehr oder minder kritikunfähig ist. Oder wenn er ein trotziges, kindliches Verhalten an den Tag legt und sich beleidigt zurückzieht.
Das sich Donald Trump vor der US-Präsidentschaftswahl zurückzieht, dürfte kaum passieren. Der republikanische Kandidat, der mehr und mehr zu einer Belastung für die Partei wird, die ihn aufgestellt hat, wird nicht aufgeben. Auch nicht aus Einsicht. Einsicht und so was wie eine Schuldeingeständnis wir es von Trump nicht geben. Deutlich wurde das jetzt im letzten TV-Duell mit der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton.
Im Verlauf des Duells wurde Trump vom Moderator Chris Wallace gefragt, ob er denn im Falle einer Niederlage bei der Wahl diese auch eingestehen beziehungsweise das Ergebnis anerkennen würde. Die Anerkennung es Wahlergebnis behält sich Trump, laut eigener Aussage, vor. Er will es spannend machen, ob er sich an demokratische Gepflogenheiten hält oder nicht. Bereits zuvor hat er Gerüchte über angebliche Manipulationen bei er Wahl gestreut.
Im Klartext meint Trump: wenn ich die Wahl nicht gewinne, dann war sie manipuliert. Das Schlimme an dieser Form der Paranoia ist, was Trump damit sät. Hass und Misstrauen ausgerechnet in einem Land, das teilweise bis auf die Zähne bewaffnet wirkt. Einem Land, in dem die Ablehnung des Staates eine lange Tradition hat.
Das Trump es mit der Steuer nicht so genau nimmt, ließe sich auch anders deuten. Er tritt damit in die Fußstapfen von Menschen wie Henry David Thoreau — ohne jedoch dessen geistiges Format jemals zu erreichen. Angesprochen von Trump fühlen sich jene Rednecks und Verlierer, die tatsächlich glauben, man müsse Amerika wieder groß machen. Die ausgerechnet einem Mann glauben, der selbst ein gnadenloser Kapitalist ist.
Trump steht nicht für die USA oder eine Ideologie, sondern für sich selber. Präsident werden will er ausschließlich deshalb, weil es das einzige ist, was er sich bisher noch nicht für Geld kaufen konnte. Auf dem Weg zu seinem Ziel ist ihm jedes, wirklich jedes Mittel recht.
Langsam aber scheinen die Wählerinnen und Wähler, die ihn eine verdammt lange Zeit für einen tollen Typen hielt, der die Wahrheit sagt, endlich zu begreifen, was für ein — pardon — Arschloch Trump wirklich ist.
Wenn Clinton die Wahl gewinnen sollte, ist damit die Zeit von Trump leider noch lange nicht vorbei. Sein „politisches Erbe“ wird noch lange nachwirken und die USA spalten, so wie seine Kandidatur bereits jetzt die Republikanische Partei gespaltet hat.
Trump verhält sie wie ein schmollendes Kleinkind, welches man beim klauen von Bonbons erwischt hat und sich keiner Schuld bewusst ist. Auf die Strafpredigt, die dann fällig wird, reagiert auch das Kind wie eine beleidigte Leberwurst.