Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gegen Ende einer Staffel tritt bei uns zu Hause immer das gleiche Phänomen auf. Wir können uns nicht mehr beherrschen und schauen statt einer Folge pro Abend mehrere. So auch gestern, als wir die letzten beiden Teile der zweiten Staffel von „Narcos“ durchzogen.

Der Eindruck der zweiten Staffel ist identisch zu dem der ersten Staffel. Ich halte die Serie nach wie vor für großartig. Eine gelungen Umsetzung einer wahren Geschichte. Aber nicht nur dafür hätte Netflix einen Preis verdient, sondern auch für den Mut, trotz Drohungen aus Escobars Familie die zweite Staffel ohne Änderungen zu senden. Wo wir gerade von Preisen reden. Für seine Rolle als Pablo Escobar hat der Schauspieler Wagner Moura in jedem Fall einen verdient. Wenn nicht den Oscar, dann bitte aber einen anderen renommierten Filmpreis.

youleks / Pixabay

Seine Darstellung von Escobar ist in jedem Detail grandios. Dieser schläfrige Blick, die geschmacklosen Pullover, welche sich über den Bierbauch spannen und die enorme Brutalität seiner Taten — alles wirkt glaubwürdig, authentisch. Auch die DEA-Agenten sind wieder großartig in ihren Rollen. Schwankend zwischen Gut und Böse verwischt sich zunehmend die Grenze. Diese überschreitet Javier Peña, als er sich mit den rechtsgerichteten Paramilitärs einlässt, die unter den Namen „Los Pepes“ als Todeschwadrone in Kolumbien wüten. Sie schaffen es, Escobar wirklich Angst zu machen.

Zuvor gelang das nur dem wieder rehabilitierten Horatio Carrillo, dem ehemaligen Leiter des Search Bloc. Dieser ging nicht gerade zimperlich gegen Escobar vor, wurde von ihm jedoch in eine tödliche Falle gelockt.

Spannend ist auch das Duell zwischen dem Präsidenten und dem Generalstaatsanwalt — der eine will Escobar zur strecken bringen, bei dem anderen weiß man nicht, auf welcher Seite er steht, wenn er behauptet für Gerechtigkeit einzutreten.

Das Ende der Staffel und damit vermutlich auch der Serie kann man gar nicht spoilern, denn die Serie endet mit dem Tod von Escobar auf einem Hausdach in Medellin am 2. Dezember 1993. Bis dahin verfolgt man den Niedergang von Escobar in 10 Folgen. Man sieht, wie sich die Menschen von ihm abwenden, als er mit seinem Terror zu weit geht. Wie seine Untergebenen sich von ihm abwenden, weil sie Angst bekommen oder gefangen genommen werden. Wie er am Ende fast nur noch alleine dasteht.

Escobar, der Geriebene. Es gibt nur eine Episode in der Serie, wo er anscheinend zur Ruhe kommt. Auf der Flucht versteckt er sich bei seinem Vater auf dem Land, hilft ihm bei der Landarbeit und lässt sich einen dicken Bart wachsen. Die Idylle die er sich ausmalt, existiert jedoch nicht, denn sein Vater verachtet ihn als Mörder. Ganz anders seine Mutter, die ihn auch noch nach dem Tod für einen großartigen, unschuldigen Menschen hält, der doch so viel Gutes getan hat.

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