Ein Geburtstagsfeier unter Kollegen. Zumindest gilt das für meine Frau, denn ich durfte sie als Anhang lediglich begleiten. Was bedeutet, mit geschätzt 30 Lehrern in einer Wohnung zu sein. Es gibt amüsantere Arten, seinen Abend zu verbringen. Die vielen Lehrer waren es jedoch nicht, die mich einschüchterten. Aber der Reihe nach.
Eine Kollegin meiner Frau hatte Geburtstag und entsprechend zu einer Feier in der Wohnung von ihr und ihrem Mann geladen. Irgendwo in Sülz. Bereits vor Wochen hatte ich meiner Frau versprochen mitzukommen. Man kann nicht sagen ich hätte nicht gewusst, auf was ich mich da einlasse.
Nun ist es so, dass ich selber auch schon ein paar Jährchen alt bin und bereits einiges an Wohnungen anderer Leute gesehen haben. Das was ich jedoch gestern Abend zu sehen bekam, hat mich zum ersten Mal in meinem Leben mehr als nur beeindruckt, sondern eingeschüchtert. Eine Wohnung wie aus dem Ei gepellt. Die gesamte Wohnung sah aus wie aus einem Designer-Katalog, jedes kleinste Detail durchgestylt. Das einzige mit Ecken, Kanten und Macken waren die Gäste an diesem Abend, wenn man so will.
Die Gastgeberin (identisch mit dem Geburtstagskind) hat ein absolute Händchen für die Wirkung von Räumen und Farben. Es hingen gerahmte Bilder an der Wand, die nicht aus einer teuren Galerie stammten, sondern von ihr selber gemalt waren. In jedem Raum waren Akzente gesetzt, wurde ganz bewusste mit Farbe gearbeitet und das Licht geschickt eingesetzt. Wirklich, ich habe so etwas in dieser Perfektion noch in keiner Privatwohnung bisher gesehen.
Man kommt sich selber merkwürdig fehl am Platz vor, hat Angst, irgendwo irgendwie etwas schmutzig zu machen. Selbst der Schreibtisch (wir reden hier von einem Arbeitsplatz einer Lehrerin zu Hause) befand sich in einem Zustand absoluter Ordnung. Kein herumfliegenden Materialien oder Arbeitsblätter, alles sah aus, als ob es genau so in einem gehobenen Möbelhaus stehen würde.
Alles sah aber auch so aus, als ob in der Wohnung nicht wirklich Menschen leben würden, sondern es sich lediglich um eine Kulisse handeln würde. Hand aufs Herz, für mich wäre das keine Wohnung zum leben und Wohlfühlen. Auch wenn ich gerne Dinge ordentlich habe, mich über Kratzer und Macken gelegentlich ärgere: so richtig durchgestylt ist nichts für mich
Beruhigt hat mich, dass der Effekt der Einschüchterung auch bei anderen Gäste auftrat. Das der Abend für mich dann noch ganz nett wurde, lag an dem Mann einer Kollegin meiner Frau, der auch mitgeschleppt wurde. Ebenfalls kein Lehrer, Inhaber einer Agentur in Köln. Wäre nicht irgendwann die letzte Bahn gekommen, hätten wir uns vermutlich noch länger unterhalten. Und hej, wir sprachen nicht über unsere Arbeit, sondern über Craft Beer, das perfekte Steak, Sushi, Flüchtlingspolitik, die Zukunft der SPD und weitere gesellschaftspolitische Themen bevor wir dann bei X-Wing (das Spiel von Fantasy Flight Games) und Game of Thrones landeten.