Einseitigkeit regt mich ziemlich auf. Selber versuche ich in der Regel, bei einem Thema beiden Seiten zu betrachten, Für und Wider abzuwägen. Zudem auch einfach mal zu zuhören beziehungsweise mir die Argumente des anderen genau durchzulesen. Natürlich darf man so was von seinen Mitmenschen nicht erwarten.
Ebenfalls wäre es zu optimistisch, ein solches Verhalten bei „Journalisten“ vorauszusetzen. Und ja, mich ärgert mittlerweile das sinkende Niveau bei Artikel auf der Webseite von t3n. Nicht nur, weil sie über Justin Bieber berichten, sondern auch, weil Texte mit sehr heißen Nadeln gestrickt werden.
Reißerisch kommt die Überschrift eines Artikels von Jochen G. Fuchs daher: „Technikfeinde sind eine Gefahr für unsere Kinder – nicht Smartphones“. Er bezieht sich dabei auf einen Text bei Spiegel Online von Arne Ulbricht „Lehrerklage: Ihr Smartphone-Eltern seid schuld!“.
Bevor ich auf beide Texte eingehe, etwas zu meinem Hintergrund. Mich selber würde ich alles andere als technikfeindlich einschätzen. Allerdings weiß ich auch ganz genau, wann es angebracht ist, das Smartphone zur Seite zu legen. Es geht auch ohne und mich selber stört es auch, wenn zum Beispiel in einer Besprechung Kunden, Kollegen oder sonst wer ständig mit dem Smartphone hantiert. Nein, ich habe (noch) nicht Journalismus studiert, aber im Rahmen meines Studiums eine Menge Seminare aus dem Bereich der Medienpädagogik besucht. Den Einsatz von Computer in der Schule hielt und halte ich immer noch für richtig. Hierbei kommt es jedoch auf die Dosis an und vor allem, ob es als Methode passt oder eben nicht.
Selbst im Informatikunterricht ist es gut, wenn es Offline-Phasen gibt, bei denen ein Konzept oder Programm mit Papier und Stift durchdacht werden soll. Hier blicke ich auf Erfahrungen zurück, die ich selber als Schüler machen durfte.
Ulbricht stellt eine These in den Raum: „Lieber chatten als mit den Kindern spielen, lieber surfen statt erzählen: Das Handy hat die Eltern fest im Griff. Mit den Folgen müssen wir Lehrer uns rumschlagen.“ Er beschreibt im Verlauf Erlebnisse aus seinem Alltag, sowohl privat als auch beruflich. Genau solche Szenen kenne ich selber zur genügen. Eltern, die schon bis an den Rand er Fahrlässigkeit mit dem Smartphone beschäftigt sind, während ihr Nachwuchs sich selber überlassen wird.
Smartphones seien Abenteuerverhinderungsmaschinen meint Ulbricht. Das ist zwar sehr pauschal, aber ich kann aus seinem Text erkennen, was er meint. Kinder gehen die Primärfahrungen verloren. Es geht nicht um die völlige Ablehnung des Smartphones, um Technikfeindlichkeit, sondern um einen bewussten Umgang mit der Technik. Dazu gehört eben auch, anderen Menschen Aufmerksamkeit zu widmen. Smartphones sind ebenso wie Fernseher oder Bücher kein Ersatz für echte Zuwendung. Mich selber entsetzt es auch, wenn ich Mütter mit Kinderwagen sehe, denen sie vor sich herschieben während ihr Blick die ganze Zeit auf ihr iPhone geheftet ist. Es keine Angst, sondern Sorge.
Dann die so genannte Antwort des t3n Autors Fuchs beinhaltet dann so Sätze die zum Ausdruck bringen, dass Angstmacher wie dieser Lehrer Ulbricht „Smartphones und jede moderne Mediennutzung“ verteufeln. Meine Frau ist auch für ein striktes Verbot von Smartphones im Unterricht und setzt das in ihren Klassen auch durch. Sie ist Informatiklehrerin, modernen Medien sehr aufgeschlossen und setzt diese auch im Unterricht ein. So what, Jochen G. Fuchs?
Herr Fuchs schenkt uns Aussagen wie diese:
Ich bin Vater einer knapp sechs Monate alten Tochter.
Das ist kein Beleg für eine Qualifikation, sondern ausschließlich der Beweis seiner Zeugungsfähigkeit.
Bevor man so was schreibt
Von Lehrern wie Ulbricht, die wie Don Quichotte gegen moderne Lebensrealitäten ankämpfen, ist die Vermittlung von Medienkompetenz allerdings kaum zu erwarten. Mit seiner zur Schau gestellten Technologiefeindichkeit ist Ulbricht Teil des Problems übermäßiger Mediennutzung und nicht Teil der Lösung.
sollte man lieber tief Luft holen, einen Spaziergang machen und noch mal in aller Ruhe nachdenken. Ignoranz funktioniert nämlich in beide Richtungen.
Zu jeder Studie, die etwas belegt, lässt sich eine andere finden, die das genaue Gegenteil behauptet. Fuchs bemüht sich, das Thema „digitale Demenz“ durch eine akademisches Namedropping zu entkräften. Kann man machen, seriös ist das allerdings nicht. Genau so wenig seriös ist es, anderen pauschal Angst vor Veränderung vorzuwerfen.
Die Welt ist voller Menschen, die es besser wissen, aber nicht besser können. Wenn man so tolle Vorschläge unterbreitet wie Herr Fuchs, dann sollte man bereit sein, die auch selber in die Praxis umzusetzen. Anders gesagt: gehen sie doch mal für ein paar Monate in die Schule und unterrichten selber. Sie werden sich bald nicht mehr Gedanken um die Integration von Smartphones machen, sondern wie sie dreißig Schülerinnen und Schüler bändigen. Wie sie mit traumatisierten Kindern aus Kriegsgebieten umgehen, wie sie den Asberger am Unterricht teilhaben lassen und Störungen vermeiden.
Medienkompetenz ist wichtig, ohne Zweifel. Es ist aber nur eines von vielen Kompetenzfeldern.