Hier in Köln stieß ich zum ersten Mal vor einiger Zeit auf eine merkwürdige, aber äußerst sympathische Verhaltensweise. Einige Menschen tendieren dazu, von ihnen selber ausgelesen Bücher auszusetzen und einen Mitmenschen damit zu erfreuen.
So stieß ich vor Wochen auf „Der Fall Jane Eyre“ von Jasper Fforde. Der Roman befand sich schon länger auf meiner List der noch zu kaufenden Bücher, so das es ein ziemlicher Glücksfund war. Es lag völlig unbeschadet und auf den nächsten Leser wartend auf einer Mauer im Agnesviertel.
Das Lesen dauerte bei mir etwas länger, da ich mittlerweile zwei Bücher gleichzeitig lese. In elektronischer Form, wenn ich nach Essen pendel und abends beim Essen dann ein reguläres Taschenbuch. Das verzeiht auch Spaghetti—Bolognese.
Zurück aber zu „Der Fall Jane Eyre“. Allein schon die Farbe des Covers, ein leuchtendes Orange, sprach mich an. Allerdings heisst es ja „Don’t judge a book by its cover.“ — die inneren Werte zählen. Also Zugänglichkeit, Handlung, Schreibstil und ein paar andere Kleinigkeiten, die einen guten Roman ausmachen.
Stellen wir uns eine alternative Realität vor, in der einige historische Entwicklung anders verlaufen sind. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind Luftschiffe noch alltäglich, die technische Entwicklung sieht etwas anders aus, dafür aber spielt die Literatur eine besondere Rolle. Sie ist so wichtig, dass es eine LiteraturAgenten gibt, eine Arte Polizei, die Fälschungen und Verfälschungen von Literatur verhindern soll.
Die Hauptfigur, Thursday Next, ist eine LiteraturAgentin. Vor ihrer Karriere kämpfte sie auf englischer Seite gegen Russland im Krim-Krieg, bei dem sie einen ihrer Brüder verlor. Dieser Verlust holt sie im Verlauf der Handlung immer wieder ein, denn er führte auch zu einem Bruch zur Liebe ihres Lebens.
Schnell merkt man als Leser, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Realität im Roman brüchig sind. Als Kind fand sich Thursday für kurze zeit im Roman „Jane Eyre“ wieder. Jenen Roman, dessen Original-Minusskript ihr Widersacher Hades spielt, um die Hauptfigur zu entführen und ein Lösegeld zu erpressen.
Zeitlöcher sind genau so anzutreffen wie eine gehörige Portion Humor, welche das Buch zu einer unterhaltsamen und kurzweiligen Lektüre machen. Nach der letzten Seite ist der Drang groß, sofort mit dem nächsten Band anzufangen. Den werde ich mir dann wohl kaufen müssen, denn die Wahrscheinlichkeit, ihn ebenfalls irgendwo in Köln zu finden, ist doch eher gering. Außerdem fehlt mir Geduld um darauf zu warten.
Wer auf schrägen Humor steht, muss das Buch lesen. Fernhalten sollte man sich dagegen von Rezension auf einschlagen Kaufplattformen, wo „Rezensenten“ das Buch schlecht bewerten. Man gewinnt beim lesen einiger Kommentare nämlich den Eindruck, die betreffende Person habe das Buch entweder gar nicht gelesen oder nur sehr oberflächlich. Was es mit „Jane Eyre“ auf sich hat, darüber stolpert man an vielen Stellen in der Handlung, nicht nur weil ein Exemplar des Buches das Leben von Thursday rettet.
Ja, man muss sich ein Stück weit auf dem Roman einlassen. Das kann nicht jeder und wir haben auch nicht alle den gleichen Geschmack. Wem die zusätzliche Meta-Ebene im Buch verborgen bleibt, ist zu bedauern. Ihm kann man nur deutlich leichter Lektüre empfehlen.