Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt Momente, in denen einem der Kaffee (oder Tee) hoch kommt. Morgens, bei lesen der Zeitung. Zum Beispiel dann, wenn ich ein aktuelles Zitat des türkischen Despoten Recep Tayyip Erdoğan. Der ist zwar politisch korrekt lediglich Staatspräsident, gebiert sich aber ganz anders. Er fordert von türkisch-stämmigen Abgeordneten im deutschen Bundestag ernsthaft, dass „Ihr Blut durch einen Labortest untersucht werden“ müsse.

Die Idee dahinter ist, nachzuweisen das es sich bei den Abgeordneten in Wahrheit nicht um Türken, sondern Kurden — also Terroristen — handle. Die Mandatsträger hatte es gewagt, im Bundestag für die Armenien-Resolution zu stimmen. Jene Resolution, die den Mord an den Armeniern vor etwas über 100 Jahren durch die Türken als das bezeichnet, was er ist: Völkermord.

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In Politik und Parlament wurde lange darum gerungen, ob man offiziell von einem Genozid sprechen sollte oder aus Rücksicht lieber nicht. Aus falscher Rücksicht, wohlgemerkt. Das die Resolution letztendlich verabschiedet wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie war längst überfällig. Das insbesondere Politiker aus der ersten Reihe bei der Abstimmung nicht anwesend waren, ist im Übrigen beschämend.

Zurück aber zu Erdoğan. Einen Bluttest zu fordern ist ziemlich daneben und äußerst dumm. Ich bin zwei nur Laie, aber von kurdischen Blutkörpern, die einen Nachweis ermöglichen, habe ich noch nicht gehört. Oder glaubt der türkische Präsident, alle Kurden wurden von Abdullah Öcalan abstammen und möchte quasi einen Vaterschaftstest? Nein, witzig ist das alles nicht. Wer die Zugehörigkeit eines Menschen zu einem Volk oder Rasse über das Blut nachweisen will, gehört zu Recht in eine Liga mit den Nationalsozialisten und ihrer kruden Rassenlehre.

Darüber hinaus ist die Forderung von Erdoğan der Versuch eines Eingriffs in unsere Demokratie. Daher hat Bundestagspräsident Norbert Lammert vollkommen recht, wenn in diesem Zusammenhang davon spricht, dass ein Angriff auf die türkisch-stämmigen Abgeordneten gleichzeitig ein Angriff auf „das ganze Parlament und unsere Demokratie“ ist. Hier ist ein Statement von Bundeskanzlerin Angela Merkel dringend erforderlich. Unsere Demokratie ist keine Verhandlungsmasse.

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