Was ich an den Video-Leinwänden, die sich infektiös über die U-Bahnhaltestellen in Deutschland verbreiten, hasse ist die Unmöglichkeit, nicht hinzusehen. Ob man will oder nicht, wenn man auf seine Bahn wartet, sieht man hin. Natürlich wird man nicht auf dem Niveau einer Süddeutsche Zeitung versorgt, sondern mit Häppchen aus der Boulevardpresse.
Die Kost liegt dann zwar nicht schwer im Magen, ist aber für Menschen wie mich die etwas anderes gewohnt sind, ungewohnt. Es kommt zu Komplikationen, wenn der Geist dann etwas aufschnappt, was er eigentlich gar nicht wissen will. Mich persönlich zum Beispiel interessiert überhaupt nicht, was Daniela Katzenberger gerade treibt. Ich kenne die Person nicht mal. Das sie jetzt, vor ihrer Hochzeit, eine Diät macht — ihr Problem, nicht meins.
Man könnte es auch dabei belassen. Hätte ich auch, wenn nicht dieser einen Satz dort auf der Leinwand letzte Woche gestanden hätte „…will unter 60 Kilo wiegen“. Ernsthaft? Bei einer Körpergröße von 1,63 m ist zumindest meiner Meinung nach 59 Kilo schon unter der Grenze. Aber gut, muss die Frau selber wisse.
Das so eine Diät aber (ich bin dem mal nachgegangen) riesigen Wirbel in der Boulevardpresse sorgt, erschreckt mich. Vor allem, weil es dort keine kritischen Stimmen gibt, die das Ziel dieser Diät hinterfragen. Es wird auch nicht reflektiert (gut, eine zu naive Erwartung ans Boulevard), ob die Berichterstattung nicht Katzenberger zu einem falschen Vorbild für Mädchen und junge Frauen stilisiert. Im Gegenteil, es wird auch noch versucht, Heldinnen aus denen zu machen, welche durch die „Diät Hölle“ gehen. Jedes Mittel ist recht und erlaubt, wenn man auf dem Weg zu Traumfigur ist. Auch der Beauty-Doc, wenn es mit Selbstdisziplin alleine nicht reicht.
Stichwörter wie Magenbypass und Magenband fallen. Nicht die paar Kilo mehr sind krank, sondern so was überhaupt in Erwägung zu ziehen wie einen Magenbypass , ohne das eine ernsthafte medizinische Indikation vorliegt. Und selbst dann, bleibt so etwas fraglich. Gut, ich kann hier vielleicht nicht mitreden. Es gibt aber jemanden, der dazu in der Lage ist. Vor etwas längere Zeit habe ich von dieser Person ein Buch gelesen, weil es mich in der Bahnhofsbuchhandlung ansprach. Unabhängig vom Thema mag ich es, wenn jemand etwas zu erzählen hat und auch noch schreiben kann. Nicole Jäger („Die Fettlöserin“) kann schreiben. Da sie 160 Kilo angenommen hat, gibt es auch ordentlich was zu erzählen. Das was Jäger in ihrem Buch beschreibt, halte ich für einen vernünftigen und gesunden Weg, sein Gewicht zu reduzieren.
Es geht nicht schnell und es setzt voraus, sich mit sich selber und seiner Ernährung auseinander zu setzen. Genau das macht es unbequem, aber auch effektiv. Lohnenswertes Buch, ganz ehrlich.
Hungern für den Traumann oder die Hochzeit, Diät und OP — wenn man sich das antun will, bitte. Aber dann im stillen Kämmerchen.