Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Didaktik als die Kunst des Lehrens. Mir begegnete, wie sollte es anders sein, im Studium zum ersten Mal. Bis dahin hatte ich angenommen, guter oder schlechte Lehrer würden als solche geboren. Durch zahlreiche Vorlesungen und Seminare erfuhr ich, dass man das Lehren lernen kann. Allerdings, so wurde betont, gibt es auch eine Ausnahme, die sehr häufig die Regel darstellt. Viele Lehrer lehren nicht so, wie sie es gelernt haben, sondern so, wie sie selber als Schüler in der Schule unterrichtet wurden. Platt gesagt erzeugen schlechte Lehrer wiederum schlechte Lehrer. Und die engagierten siebt das Referendariat aus, was aber wieder eine ganz andere Geschichte wäre.

Archbob / Pixabay

Jedenfalls, was ich eigentlich sagen wollte: die Didaktik hat es nicht leicht. Insbesondere in Deutschland ist es nach wie vor schlecht um ihren Stellenwert bestellt. Zumindest während meines Studiums (ist zugegeben schon etwas her) war die Forschung höher angesehen als die Pflichtübung Lehre — Fachdidaktik fast schon ein Schimpfwort.

Wie es mittlerweile an den Universitäten im Land aussieht, kann ich nicht beurteilen. Was Schule betrifft, so bekomme ich durch die Erzählungen meiner Frau einiges mit. Bezogen auf meinen Alltag ist es auch einiges, was mir unangenehm auffällt. Die Kunst des Lehrens und Erklärens schwindet. Oft stirbt sie bei vollem Bewusstsein der Handelnden, manchmal aber auch unbemerkt und heimlich.

In der nunmehr (fast) zurückliegenden Woche gab es zwei Erlebnisse, die meinen Eindruck festigten. Zwei Erlebnisse, aus völlig verschiedenen Bereichen meines Lebens. Einmal privat, das andere Mal beruflich.

Privat arbeite ich gerade in die Nutzung von Lightroom ein. Da ich für das Programm monatlich zahle, möchte ich bei der Nutzung auch in die Tiefe gehen und die Möglichkeiten ausschöpfen. Als Einstieg habe ich mir bereits im letzten Jahr das Magazin (bezogen auf das Format) „Lightroom — der Komplettkurs zur RAW-Software“ von falkmedia geholt.

Das große Versprechen auf dem Cover: „67 Workshops, Schritt für Schritt erklärt“. Vorgestern ist mir dann der Kragen geplatzt und ich war kurz davor, die Altpapiertonne zu bemühen. Es ging um „Kontrastreiche Schwarzweiß-Bilder“, das Foto für die Lektion lag vor. Punkt 3, „Finden sie die beschnittenen Tiefen“. Da sollte der Tiefenregler auf -28 gezogen werden. Habe ich gemacht, sah auch wie versprochen besser aus. In der Form geht es bis zum Ende der Lektion, ohne das jedoch erklärt wird, was Tiefen, Lichter, Schatten, Schwarz und Weiß genau sind in einem Foto.

Es fehlt komplett die Erklärung der wichtigen Grundlagen. Und selbst wenn ich eine Ahnung von Tiefen hätte, was nützt mir dann „ziehen Sie den Tiefenregler auf -28“? Gar nichts! Um Wissen anwenden zu können, muss man es durchdrungen, wirklich verstanden haben. Kennen und Können. Ohne Verstehen ist eine Transferleistung unmöglich. Bei einem eigenen Schwarzweiß-Bild stehe ich auch wenn ich die Lektion dreimal durch gehe, wie ein Ochs vorm Berg. Folglich ist „Schritt für Schritt erklärt“ eine falsche Aussage. es sind auch nicht 67 Workshops, sondern lediglich 67 Beispiele.

Beruflich arbeite ich gerade an der Adaption einen großen Redner-Portals auf TYPO3 7.6. Keine leichte Aufgabe. Deswegen legt man Entwickler wie mir gerne zusätzliche Steine in den Weg. Macht ja dann auch nichts mehr.

Ich für meinen Teil halte semantische URLs für wichtig. Permalinks erzeugt WordPress von Hause aus. TYPO3 nicht, dafür braucht man eine Extension. Nach dem wir in der Agentur jahrelang CoolUri verwendet hatten, setzen wir mittlerweile auf RealUrl. Schließlich lernen wir aus unseren Fehlern. Das schöne bei RealUrl ist: wenn es läuft, läuft es prima. Wenn nicht — nun, dann hat man Pech gehabt, so wie ich gestern und vorgestern. Anderthalb Tage habe ich gebraucht, um unter TYPO3 7.6 semantische URLs für eigen Extensions zu haben.

Zum Einen lag es daran, dass die im Repository verfügbare Version von RealUrl nicht für den Einsatz unter TYPO3 7.6 geeignet ist. Und das, obwohl RealURL als kompatibel angezeigt wird. Irgendwann kam ich dann auf die Idee, meine Suchbegriffe anders zu wählen und stieß dann, über viele Umwege, auf eine sehr frühe Alphaversion vor RealUrl (in Version 2.0) bei gitHub. Alphaversion! Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Bei der Installation wurde dann auch noch gewarnt, dass diese Version nicht lauffähig sei mit TYPO3 7.6, der so genannten Long Term Support Version.

Mit der Version klappte es dann endlich. Davor lag jedoch eine Odyssee in deren Rahmen ich versucht habe, die Konfiguration von RealUrl zu verstehen. Ja ich weiss, so was ist in Bezug auf TYPO3 immer vermessen. Gefunden habe ich viele Beispiele — aber nie eine (verständliche, nachvollziehbare) Erklärung, was welcher Parameter im Detail genau macht. Auch hier wird einem etwas vor die Füße geworfen, ohne zu erklären. Ehrlich, mich kotzt das an. Das die URLs dann zu üblen Fehlern führen, wenn der dahinter liegende Datensatz nicht mehr verfügbar ist, wäre dann das dritte Aufreger-Thema.

Wie gesagt, die Didaktik hat es nicht leicht. Mich ärgern dies beschrieben Beispiele, noch mehr ärgere ich mich allerdings über mich selber. Die Chance, etwas zu ändern, zumindest einen Teil, habe ich wohl verpasst. Wobei die Sehnsucht, wieder in die Erwachsenenbildung einzusteigen, schon sehr groß ist. Menschen etwas beizubringen, dass sie es wirklich verstehen macht mich glücklich.

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