Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Für meine Frau ist nach den Weihnachtsferien heute wieder der erste Schultag. Gleichbedeutend mit dem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub. Meiner dagegen endete bereits am Dienstag. Unabhängig davon haben wir die gemeinsame frei Zeit in jeden Fall gut genutzt. Essen, wandern und ja, es wurde auch gespielt. Auch das ist über die Weihnachtsfeiertage Tradition bei uns.

Noch vor einigen Jahren vertieften wir uns in epische, digitale Rollenspiele wie Final Fantasy oder Oblivion — mittlerweile sind es ausschließlich Brettspiele, eine bewusste Entscheidung. Besonders diesmal ist uns bewusst geworden, das diese einen mindestens genauso wie digitale Spiele in den Bann ziehen können. Mehr noch, es schafft Erlebnisse und Erinnerungen, die bleiben.

Bei Spielen, die eine längere Spieldauer haben, liegt das ganze Material auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet, oft über Tage. Auch wenn man nicht spielt, sich zum Beispiel die Zähne putzt (eine meiner blöden Angewohnheiten: dabei durch die Wohnung laufen), kann man einen Blick auf den Spielplan werfen und an seiner Strategie tüfteln. Oder kurz vor dem Frühstück noch einen Spielzug machen.

Eisenbahn im Aufbau

Eisenbahn im Aufbau

Häufiger werde ich gefragt, was denn mein absolutes Lieblingsspiel sei. Eigentlich kann ich das gar nicht beantworten. Jedes Spiel hat etwas besonderes, seinen eigenen Reiz. Das gilt auch für jene drei Spiele, die wir in den letzten beiden Wochen gespielt haben.

Zombicide

Nicht nur bei einige Filmen gilt: mit Zombies wäre es besser gewesen. Bei Zombicide hat man von denen (daher wohl auch der Name des Spiels) eine riesige Horde. Schlurfer, Läufer, Fettbrocken und ein Monster. In den Spielregeln gibt es insgesamt 10 Missionen, die man gemeinsam bestreitet, mit separaten Kampagnenbuch kommen dann noch mal 59 dazu. Eine Menge, allein für die Season 1 Box (ich würde ja auch Grundspiel dazu sagen). Natürlich ist der Glücksfaktor recht hoch. Beim ziehen der Gegenstandskarten, beim zeihen der Zombie-Brut Karten und auch beim würfeln. Trotzdem entsteht ein stimmiges Spielgefühl. Machen Momente sind sogar legendär: eine Spielfigur ist von Zombies eingekreist, hat keine Aktion mehr zu Verfügung. Es ist klar, sie ist dem Untergang geweiht, sobald die Zombies am Zug sind. Da biegt ein Auto um die Straßenecke, fährt mehre Zombies über den Hau und hält gerade noch rechtzeitig mit quietschenden Bremsen vor dem Überlebenden. Eine Kellnerin auf Rollschuhen reisst die Beifahrertür auf, springt raus und wirft ihre Kettensäge an. Gnadenlos pflügt sie sich durch die Untoten. Der Büroangestellte, der ebenen noch sein letztes Stündlein gekommen sah, ist gerettet.

1830

Eigentlich hätte im Urlaub die Zeit ohne Bahn genießen sollen. Was mach ich statt dessen? Mit meiner Frau ausgerechnet ein Spiel spielen, welches den Bau der Eisenbahn in den USA zum Thema hat. Dabei gehört 1830 zu den Klassikern für Vielspieler, nicht nur wegen der Spielzeit, sondern auch wegen seiner Komplexität. Mit vielen Unterbrechungen haben wir für unsere erste Partie gut eine Woche gebraucht, bis der Sieger feststand. Dazwischen lagen vielen Stunden des Gleisbaus, Erwerbs neue Lokomotiven, Aktienhandel so wie Ausschüttungen von Dividenden. Für mich eines der wenigen Spiele, wohl neben Papier und Bleistift auch der alte Schultaschenrechner die ganze Zeit über griffbereit auf dem Tisch liegt. Obwohl sich die Spieldauer lang anhört, empfanden wir beide die Partei als ausgesprochen kurzweilig und bis zu letzt spannend.

Innovation

Bereits auf der Spielemesse im vergangen Jahr haben wir uns die deutsche Ausgabe von Innovation (erschienen im Schwerkraft-Verlag) gekauft. Bis kurz vor Weihnachten lag die Schachtel ungeöffnet im Regal mit den Messeneuheiten (ja, so was haben wir). Kurz gefasst handelt es sich bei Innovation um ein Kartenspiel, bei dem 2 bis 4 Spieler (am besten immer 2 oder 4) versuchen, ihre Zivilisation von der Steinzeit bis zum Digitalzeitalter zum Erfolg zu führen — in dem sie Epochen dominieren. Die Grundregeln sind recht einfach, man hat pro Runde zwei Aktionen und genau vier Möglichkeiten, diese zu nutzen. Eine Karte ziehen, eine Karte ausspielen, eine Karte nutzen oder eben eine Epoche zu dominieren, wenn man über genügend Einfluss verfügt. Das Salz in der Suppe sind die sogenannten Dogmen auf den Karten. Darüber werden Spieler angegriffen, Karten gezogen oder Einflusspunkte gesammelt. Auch wenn man mehr als eine Partei benötigt um die Feinheiten des Spiels zu erkennen, lohnt es sich, gerade auch als Spiel für zwei Personen. Die Abwechslung ist ebenso hoch wie die Interaktion. Zudem kann man auch wenn man vorne liegt, trotzdem noch von einem anderen Spieler überholt werden. Zum Beispiel mit Raketentechnik…

Allein die drei Spiele reichen aus, um viele freien Tage zu füllen. Bei 1830 habe ich sogar überlegt, davon eine eigene Version zu basteln, die den Spielverlauf etwas übersichtlich gestaltet.

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