Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Ostwestfalen, so sagt man, würden zum lachen in den Keller gehen. Oder anders ausgedrückt, sie seien überwiegend humorlose Zeitgenossen. So ganz kann ich das, der immerhin 18 Jahre in Bielefeld gewohnt hat, nicht bestätigen. Im großen und Ganzen sind die Ostwestfalen normal, mitunter vielleicht sogar etwas zuverlässiger als zum Beispiel Rheinländer.

Was ich in Bielefeld auch erlebt habe, ist ein eher fairer Umgang der Politiker unterschiedlicher Parteien miteinander — zumindest war das mein Eindruck. Statt „Gegner“ waren es eben Menschen, die anderen Ziele verfolgt. Oder manchmal auch nicht, dann zog man über Parteigrenzen hinweg an einem Strang.

Quelle: Christian Möbius / facebook

Quelle: Christian Möbius / facebook

Fairer Umgang bedeutet für mich auch, Fairness im Wahlkampf. Es konkurrieren Programme miteinander, Lösungswege. Eine anderen Partei anzugehören war kein Ausschlusskriterium, um abends gemeinsam das eine oder andere Bier zu trinken — auch im Wahlkampf.

Nun denn, mittlerweile lebe ich nicht mehr in Bielefeld, sondern in Köln und bekomme hier den derzeitigen Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters (oder der Oberbürgermeisterin) mit. Ich lasse mich gerne korrigieren, aber mein Eindruck ist, dass gerade auch die SPD hier gerne austeilt, ohne selber einstecken zu können. Über die Kandidatin von CDU, FDP und Grünen wir gerne und oft hergezogen, fällt dagegen ein schlechtes Wort über den eigenen Kandidaten Jochen Ott, gibt man schnell die beleidigte Leberwurst.

Schlimmer noch, man geht in den Gegenangriff, vergaloppiert sich mitunter sogar dabei. Klappkarten als Postwurfsendung zu verteilen mit dem Spruch „Ab sofort Briefwahl beantragen oder Direktwahl im Bezirksrathaus“ ist wirklich nicht besonders bedacht gewesen. Statt aber den Kritikern recht zu geben und einzugestehen, mit der Aktion möglicherweise einen Fehler begangen oder etwas über das Ziel hinausgeschossen zu sein, wird zurück geschossen. Dabei ist die Karte auf den ersten Blick wirklich mit einer offiziellen Information durch die Stadt zu verwechseln.

Natürlich fehlt auf der Karte die Hoheitszeichen der Stadt. Ein Argument dafür, alles richtig gemacht zu haben sehe darin aber nicht. Laut Aussage der Stadtverwaltung bekommt man auch nur die Briefwahlunterlagen, wenn man diese mit der offiziellen Wahlbenachrichtigung beantragt hat. Die Kölner SPD sorgt hier für Verwirrung beim Bürger und für Mehrarbeit beim städtischen Wahlamt.

Ziemlich erstaunt hat mich auch ein Foto, welches gestern bei Facebook kursiert. Wahlhelfer der SPD hatten ein Plakat von Jochen Ott an einer für den Kandidaten wenig vorteilhaften Stelle aufgehängt. Darüber machte sich man nicht nur bei der CDU lustig. Ehrlich, und das sage ich als SPD-Mitglied: über so was muss man lachen können. Wer nicht auch über sich selber lachen kann, den möchte ich auf keinen Fall als Oberbürgermeister, denn ihm fehlt damit einfach eine wichtige Eigenschaft.

Ott auf dem Holzweg — find ich joot!

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