Bremen hat also gewählt. Oder anders gesagt, weniger als die Hälfte der Bremer Bürgerinnen und Bürger haben gewählt. Mit 49,5 Prozent Wahlbeteiligung hat Bremen als erstes westdeutsches Bundesland die Marke unterhalb der 50 Prozent geknackt.
Dabei sind Nichtwähler weder faul noch dumm, auch wenn der eine oder andere politisch engagierte Mensch sich voreilig zu solch einer Äußerung hinreißen lässt. Möglicherweise gehören zur Gruppe der Nichtwähler auch Menschen, die angeboten Auswahl für keine wirklich alternatives Angebot halten, zwischen dem sie auswählen können. Mir persönlich sind, je länger ich darüber nachdenke, Nichtwähler lieber als so genannten Protestwähler — die wohl möglich auch noch großen Schaden anrichten können.
Die Botschaft in Bremen ist angesichts der vorläufigen amtlichen Hochrechung, deutlich. Den derzeit drei grössten Parteien traut man nicht mehr wirklich die Lösung der Probleme zu:
- SPD 32,9% (- 5,7%)
- CDU 22,6% (+ 2,2%)
- Grüne 15,3% (- 7,2%)
Rechnet man Stimmengewinne und -verluste der drei Parteien zusammen ergibt das einen Vertrauensverlust von über 10 Prozent. Abgewandert sind die Stimmen zu den kleinen Parteien. Hier legte insbesondere die am rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelte AfD mit 5,5% deutlich zu. Sie ist damit zum ersten Mal in der Bremer Bürgerschaft vertreten. Die Linke kommt auf insgesamt 9,2 Prozent und erhielt einen Zuwachs von 3,6 Prozent.
Mit 6,5 Prozent schaffte die FDP die Wiedereinzug — vermutlich lag das dran, dass die Liberalen alte Inhalte neu verpackt haben. Der Sieg ist wohl vor allem der Spitzenkandidaten der FDP, Lencke Steiner, zu verdanken.
Wie es mit der FDP weitergeht, ist aber das Problem dieser Partei und für einen Sozialdemokraten wie mich ist etwas anderes wesentlich wichtiger: wie es mit der SPD weitergehen wird. Der bisherige Bürgermeister von Bremen Jens Böhrnsen (SPD) gibt sein Amt auf und zieht die Konsequenzen aus der offensichtlichen Wahlniederlage der SPD. Auch wenn die Bremer Genossen es geschafft haben stärkste Partei zu bleiben, ist das Ergebnis mit 32,9 Prozent mehr als enttäuschend.
Dabei erreicht die SPD nicht nur weniger Wählerinnen und Wähler, sondern gerade auch besonders viele Menschen aus den unteren Einkommensschichten nicht, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt:
Gerade die SPD hat in den vergangenen Jahren das Vertrauen der unteren Gesellschaftsschichten eingebüßt.
Quelle: SZ
Die Analyse der SZ ist insofern auch aufschlussreich, weil sie zu dem springenden Punkt kommt: Ein „weiter so“ ist keine Option. Im Gegenteil, es ist die sicherste Methode, weiter ans Stimmen und Bedeutung zu verlieren.
Sollte die SPD jetzt nicht aufwachen und handeln, wird die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl zu knapp um die entscheidenen Weichen für einen echten Neuanfang zu stellen.