Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Bezeichnung „Geld auf der hohen Kante“, so habe ich zumindest als Kind noch geglaubt, rührt daher, dass man an das Geld nicht so leicht dran kommt. Es liegt eben etwas außer Reichweite. Im Vergleich zu einem klassischen Sparbuch sei ein Tagesgeldkonto die clevere Alternative, habe ich dann später gelernt. Man erhält sich die Flexibilität und bekommt gleichzeitig einen ordentlichen Zinssatz. Zumindest war das mal so.

Als ich im Jahr 2009 ein Tagesgeldkonto eröffnete, tat ich das bei einer Bank, die damals einen guten Ruf hatte und auch einen ziemlich ordentlichen Zinssatz versprach. Zudem gefiel mir der Name, „Bank of Scotland„. So was schafft zumindest bei mir eine gewisse Verbundenheit und auch Vertrauen.

Was das Vertrauen angeht, ist meine bescheidene Einlage wohl nach wie vor sicher. Wobei, wir reden hier über Onlinebanking und Geld, was nur noch auf dem Bildschirm vorhanden ist. Die Bank selber wird häufiger mit der Royal Bank of Scotland verwechselt. Eben diese traf die Finanzkrise härter, zudem sorgten negative Schlagzeilen für einigen Wirbel. Da die „Bank of Scotland“ mittlerweile Mitglied im deutschen Einlagensicherungsfonds ist, dürfte mein Geld auch tatsächlich sicher sein.

Auch wenn dieser Umstand beruhigend wirkt, frage ich mich mittlerweile, ob meine Anlage wirklich noch so eine tolle Idee ist. Die Entwicklung der Zinsen kennt nämlich nur eine Richtung: nach unten. Gestern bekam ich eine E-Mail, bei der ich wirklich schlucken musste:

hiermit informieren wir Sie, dass der Zinssatz für unser Tagesgeldkonto und somit für alle Kunden ab dem 19. Februar 2015 auf 0,5 % p. a. gesenkt wird.

Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Verzinsung von 3,8 Prozent immer weiter verschlechtert. Wenn ich mir den Graph so anschaue, dürfte es nicht mehr all zu lange dauern, bis die Linie den Nullpunkt erreicht hat und ihn dann unterschreiten wird. Ab dann muss ich wohl Zinsen dafür zahlen, dass mein Geld bei der Bank of Scotland angelegt ist. In Fachkreisen wird von so genannten negativen Zinsen gesprochen (es ist also nicht nur eine Fantasievorstellung von mir).

Schuld an der Misere sei laut Bank of Scotland der dauerhaft niedrige Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). Als ehrlicher Bürger und Steuerzahler steht mir nicht die Möglichkeit offen, meine Spargroschen Offshore für mich arbeiten zu lassen. Selbst wenn wir das „Ehrlich“ mal weglassen, ich müsste schon viel Geld haben und damit noch mehr Geld machen zu können. So ist das halt im Leben. Die einen sitzen auf Holzbänken, die anderen weich gepolstert in der First Class Lounge.

3 Kommentare

    1. In der Süddeutsche Zeitung stand gestern etwas über Investment in Rum — keine schlechte Idee, denn wenn die Wertsteigerung ausbleibt, hat man immer noch den Alkohol ;-)

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