Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Während früher, als ich noch nicht ausgewachsen war, Wandern, respektiv Spazierengehen etwas, womit man mich quälen konnte (insbesondere an Sonntagen) habe ich mittlerweile mein Leidenschaft entdeckt für diese Art der Fortbewegung. Wandern ist mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung geworden. Ein richtiges Hobby, wenn man so will — und die Zeit es zulässt, denn anders als Briefmarkensammeln kann man nicht mal eben für 10 Minuten abends wandern gehen.

Wandern, gerade auch wandern in der Deutschland oder der Region vor der Haustür ist derzeit im Trend. Gut zu erkennen auch an zahlreichen Magazine rund um das Thema Wandern und „Landliebe“. Es gibt aber eine Schwemme an Wanderliteratur im Fahrwasser von „Ich bin dann mal weg“ (was ich noch immer nicht gelesen habe).

Eines davon ist „Vom Wispern der Wälder und vom Wesen des Wanderns“, geschrieben von Wolfgang Luehrs. Der Untertitel „1.200 Kilometer zu Fuß durch Deutschland“ war spannend genug, mich zum Kauf des Buches zu bewegen. Eine Entscheidung, die ich mittlerweile bittere bereue. Daran ist nicht das Thema Schuld. Wie einleitend erwähnt mag ich das Wandern (ich hätte wohl sonst kaum ein Buch gekauft, wo dies im Vordergrund steht). Die Idee hörte sich auch faszinierend an. In sechs Wochen von Norden nach Süden laufen, Deutschland auf eine ganz andere Art und Weise kennen zu lernen. So was macht neugierig darauf, selbst ein solches Projekt in Angriff zu nehmen.

Erwartet hatte ich daher Tipps für das Wandern, auf jeden Fall die genau Streckenbeschreibung. Vielleicht sogar mal ein paar Impression (Fotos) von unterwegs. Nichts davon findet sich im Buch. Kapitel für Kapitel schlägt man sich durch eine Aneinanderreihung belangloser Ereignisse. Meistens endet eine Tagesetappe im Besäufnis, so dass sich der Autor am nächsten Tag Satzweise über seine schlechte Verfassung beklagen kann.

Stilistisch bewegt sich das Buch auf dem Niveau von Schulaufsätzen. Nach dem achten Kapitel führte das bei mir zur Kapitulation. Mir ist meine Zeit wirklich zu schaden, um schlechte Bücher zu lesen. Da gehe lieber selber wandern.

In der Beschreibung zum Buch hieß es:

Lührs gelang ein Buch, das über den Reiz des Wanderns sehr viel mehr verrät als mancher moderne Pilgerbericht.

Den Reiz des Wanders konnte Herr Lührs nicht einfangen. „Unaufgeregt“ schreibe er wird behauptet. Ein Euphemismus für „sterbenslangweilig“.

Ganz ehrlich, ich habe mich mehrmals beim lesen ernsthaft gefragt ob und wie sich der Autor eigentlich für seine Tour vorbereitet hat. Wenn erfahren will, welche Fehler man lieber auslassen sollte, wäre das Buch vielleicht für ein paar Denkanstöße geeignet. Wobei, will man es richtig machen, helfen andere Bücher, auch die „modernen Pilgerberichte“, wesentlich weiter. Nebenbei gibt es auch noch viele hilfsbereite Pilger, die ihre Erfahrungen gerne teilen, zum Beispiel im deutschen Pilger-Forum. Wer dort den einen oder anderen Beitrag ließt, erfährt mehr über das Wesen des Wanderns als durch das Buch von Wolfgang Luehrs.

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