Ein Flummi prallt von Dingen ab. Wobei es eine Frage der Perspektive ist. Man könnte nämlich auch behaupten, von ihm pralle alles ab. Ungefähr so, wie Kritik vom SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel abprallt. Oder sollte man sagen: abprallen wird? Vergangenen Freitag jedenfalls prallten zwei Dinge aufeinander, PEGIDA-Anhänger und Sigmar Gabriel.
Ist das Wort vom „Privatmann“ Chuzpe oder Naivität?
Quelle: Kurt Kister, SZ 26.01.2015
Wie so oft beginnt auch diese Geschichte mit einem Missverständnis. Ein Politiker steht immer im Rampenlicht der Öffentlichkeit, egal was er gerade macht. Privat ist und bleibt selten etwas — gerade in der SPD sollte man dafür mittlerweile wirklich sensibilisiert sein. Natürlich lässt sich darüber streiten, was wann privat ist oder nicht. Rein objektiv kann ein Politiker auf einer öffentlichen Veranstaltung niemals als Privatperson auftreten. Genau das hätte Sigmar Gabriel wissen müssen. Wenn er sich daher in Dresden mit PEGIDA-Anhängern trifft, ist es keine Privatangelenheit, sondern ein politisches Statement. Eines welches in diesem Fall einer Ohrfeige gleichkommt. Gabriel düpiert nicht nur seine Generalsekretärin Yasmin Fahimi, sondern auch die Bundeskanzlerin und andere Politiker, die sich ganz klar gegen PEGIDA positioniert haben.
In Dresden oder anderen Städten marschieren nicht nur enttäuschte Bürgerinnen und Bürger, sondern vor allem ein fremdenfeindlicher Mob, für die jeder, der sich ihnen mit der Wahrheit entgegenstellt, bereits zur „Lügenpresse“ gehört. Auch solchen Menschen kann man zuhören, keine Frage. Man muss es wahrscheinlich sogar. Dann aber bitte ganz offiziell mit Mandat und nicht als Privatmann. Zu glauben, man bekomme solche Tendenz schon in den Griff, verkennt sowohl die Wirklichkeit als auch die Historie. Auch andere waren mal der festen Überzeugung, sie würden jemand in zwei Monaten in die Ecke gedrückt haben, dass er quietscht.
Gabriel verteidigt seine Pegida-Eskapade mit dem Satz, zuhören schade nicht. Der Parteichef sollte in dieser Frage zuerst denen zuhören, die aus Überzeugung in der SPD sind oder dieser Partei ihre Stimme geben.
Quelle: Kurt Kister, SZ 26.01.2015
Kurt Kister bringt das in der Süddeutsche Zeitung gut auf den Punkt. Wenn Gabriel unbedingt jemanden zuhören will, da vielleicht erstmal seinen eigenen Parteimitgliedern. Sonst sorgt er nämlich auch dafür, dass es bald noch mehr Enttäuschte gibt. Die haben dann keine Angst für „Überfremdung“, sondern vor Entfremdung — von einem Partiechef, der nicht mehr der ihre ist. Unter den zahlreichen Demonstranten, die gegen PEGIDA auf die Straße gehen, sind nämlich nicht wenige SPD-Mitglied.