Jedes Buch hat für mich seine ganz eigene Geschwindigkeit. Bei machen dauert es Monate, bis ich mit ihnen durch bin. Zwischendurch greife ich dann sogar zu anderen Büchern. Zu Büchern, die man wie im Rausch verschlingt. Oder zumindest in einem normalen Lesetempo konsumiert. Je nach Umfang bin ich dann spätesten in einer Woche auf der letzten Seite angelangt (komisch das man auch bei eBooks noch von einer letzten Seite spricht).
Unabhängig von den unterschiedlichen Geschwindigkeiten steht dann der Zeitpunkt, wann ich mich mit dem Buch noch mal auseinander setze, um eventuell darüber zu schreiben, auf einem ganz anderen Blatt. Zudem möchte ich Rezensionen nicht einfach hinschmieren, sondern mir noch mal das durch den Kopf gehen lassen, was mir an dem betreffenden Buch gefallen oder auch eben nicht gefallen hat.
Genug der Vorrede, kommen wir zum Buch selber, „Schatten-Schmerz“ von Rose Gerdts. Die Paperbackausgabe lag allen Anschein nach ziemlich lange bei uns zu Hause im Regal, so dass ich schon gar nicht mehr daran erinnern kann, wie der Kriminalroman in unseren Besitz kam. Höchstwahrscheinlich ein Geschenk an meine Frau, denn die für mich bestimmten Krimis landen auf einem anderen Stapel.
Der Werbetext verspricht folgendes:
Frühmorgens in einem Bremer Park: Auf dem Weg zur Arbeit geraten zwei Gärtner in eine tödliche Sprengfalle. Am Tatort haben die Attentäter eine perfide Nachricht für die Polizei hinterlassen – eine entschärfte Landmine.
Quelle: rowohlt
Soweit, so normal. Klappen- und Werbetexte versprechen viel. Die Vita der Autorin ist dagegen etwas, was mir in diesem Fall vielversprechender erschien. Frau Gerdts arbeitet seit über 20 Jahren für den Weser-Kurier in Bremen als Polizei- und Gerichtsreporterin.
So jemand kennt sich mit Sicherheit aus, war mein Gedanke. Nach einem etwas holprigen Einstieg (ich ziehe mal den Prolog einfach ab und lasse ihn unberücksichtigt) kommt man recht schnell in die Handlung. Was mir beim lesen besonders gut gefiel ist der Schreibstil von Rose Gerdts. Die Sprache ordnet sich der Handlung unter, man hat das Gefühl, ständig dabei zu sein, wenn etwas passiert. Ausnahme bilden hier die Passagen aus der Ich-Perspektive und eine Art Brief.
Für mich ist „Schatten-Schmerz“ ein gutes Beispiel dafür, wie man als (Krimi)Autorin / Autor handwerklich sauber arbeiten kann. Die Figuren sind in der Mehrzahl glaubwürdig, die Polizeiarbeit stimmig. Allerdings fällt es Frau Gerdts ausgerechnet bei der Figur einer Journalistin schwer, diese so mit Leben zu füllen, dass sie nicht wie ein Abziehbild wirkt. Andrea Voss ist für mich die zweitschwächste Figur im Buch. Und damit sind wir schon beim nächsten Problem. Die schwächste Figur ist diejenige, die für die Sprengfalle verantwortlich ist.
Nach einer Irrfahrt durch verschieden Klischees landet man auf den letzten Metern bei einer unbefriedigenden Auflösung. Zumal sich der Täter aus der Verantwortung stiehlt. Man klappt das Buch zu mit einem schalen Geschmack im Mund. Dabei hatte man doch eigentlich gerade die Ermittler Frank Steenhoff und Navideh Petersen lieb gewonnen. Meine Enttäuschung teile mir mit einigen der Rezensenten bei Amazon, die auch das schwache Ende bemängeln.
Die Frage, die sich mir stellt: Was macht man mit so einem Buch? Kann man es weiterempfehlen? Bedingt ja, mit ganzem Herzen jedoch leider nicht.