Vom in diesem Jahr großartigen Büffet* der „Crime Cologne“ haben meine Frau und ich uns nur mit einem kleinen Dessertteller bedient. Eine Lesung, das muss reichen in diesem Jahr – auch wenn es schwer fällt.
Entschieden hatten wir uns für „Nairobi Heat“ von Mukoma wa Ngugi. Mehre Gründe sprachen für diesen Autor. Allen voran natürlich der Handlungsort, denn sein Krimi spielt in Kenia. Jenes Land, welches wir im November 2001 bereisten. Zudem versprach die Vorankündigung bereits Abwechslung von der üblichen Krimi-Kost (dazu später mehr).
Der Autor Mukoma wa Ngugi, ist in den USA geboren, hat dann bis zu seinem 19. Lebensjahr in Kenia mit seiner Familie gelebt, bevor er zum Studium wieder in die USA ging. Aufgewachsen also in Kenia, was in prägte. Ebenso wie die Unterdrückung und Verfolgung unter Daniel arap Moi. Als Literaturwissenschaftler musste sich Ngugi die Frage von Antje Deistler, welche gekonnt durch den Abend führte, gefallen lassen, warum er denn ausgerechnet einen Krimi geschrieben habe. Krimis, so Deistler, hafte immer noch das Label an, keine ernstzunehmende Literatur zu sein. Schmuddel-Image, ließe sich auch anders formulieren.
Die gerade in Deutschland ausgeprägte Unterscheidung in ernsthafte Literatur und Unterhaltungsliteratur kann Ngugi nur schwer nachvollziehen. Gerade ein Krimi bietet schließlich die Möglichkeit, zeitaktuell politisch und gesellschaftliche Themen aufzugreifen. So geht es in „Nairobi Heat“ um Rassismus in USA, genauso aber auch in Kenia. Oft ist es gar nicht der Unbekannte, von dem die Diskriminierung ausgeht, so Ngugi, sondern der Nachbar. Der Background des Romans war auch für Josef Tratnik (man merkte deutlich, wie enorm ein guter Sprecher einen Text aufwerten kann) , der Auszüge aus dem Buch von Ngugi in Deutsch vorlas, Anlass, es überhaupt zu lesen. Normalerweise sind Krimis eher weniger sein Fall.
Kurz zur Handlung:
[…] In einem reichen, weißen Vorort von Madison/Wisconsin wird eine junge blonde Frau tot aufgefunden. Das Haus, vor dem die Tote liegt, gehört einem afrikanischen Professor, der für seine Rettungstaten während des Völkermords in Ruanda weltweit als Held verehrt wird. Der schwarze Detective, der in dem Fall ermittelt, fliegt aufgrund eines mysteriösen Anrufs nach Nairobi, Kenia, wo er zusammen mit seinem afrikanischen Kollegen der Vergangenheit des Professors auf die Spur kommen will. […]
Quelle: Transit Verlag
Eine reale Begebenheit aus der Studienzeit von Mukoma wa Ngugi lieferte die Grundidee für den Krimi. Als er von, nennen wir es Feier, abends nach Hause ins Studentenwohnheim kam, lag auf der Treppe eine offensichtlich narkotisierte Cheerleaderin. Ngugi rief die Polizei an. Etwas später kam dann ein afro-amerikanischer Detektiv. Der stand unten an der Treppe, Ngugi oben. Dazwischen lag die weiße Frau. Aus der Absicht, eine Kurzgeschichte für einen Wettbewerb zu schreiben, wurde schließlich der Roman.
Leider ist irgendwann auch der schönste Abend zu Ende. Sowohl den Erzählungen von Mukoma wa Ngugi als auch der Stimme von Josef Tratnik hätten wir noch länger lauschen können.
*) Wenn man von der Lesung mit Christian Wulff absieht, bei der mir immer noch nicht klar ist, warum die überhaupt ins Programm genommen hat.
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