Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Abzählreime für den Kölner Stadtrat

So wie es aussieht, wird es also doch eine erneute Auszählung aller Wählerstimmen bei der Kölner Kommunalwahl geben. Das sind, wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete, 399.000 Wahlzettel, die überprüft werden müssten. Logistisch eine Herausforderung, da diese zentral an einem Ort durch Angestellte der Stadt Köln, so der Plan, gezählt werden sollen.

Das Ganze kann man aus unterschiedlichen Blickrichtungen betrachten. Der billigste Punkt wäre hier der Kostenfaktor. Billig ist die Neuauszählung nicht, es kursiert eine Summe in Höhe von mehreren hunderttausend Euro. Billig wäre es, dieses Argument gegen eine Neuauszählung ins Feld zu führen. Demokratie und dazu gehören nun mal auch Wahlen, darf nicht vom Geld abhängig gemacht werden — nach dem Motto, eine anständige Auszählung kann man sich eben nicht leisten.

Wenn es berechtigten Zweifel, und den scheint es zu geben, an Wahlergebnissen in einzelnen Stimmbezirken gibt, muss neu ausgezählt werden. Allerdings sollte eben nur dann neu ausgezählt werden. Vor allem auch nur die Bezirke, bei denen es offensichtliche Unstimmigkeiten gibt. Die Stimmen komplett neu zu zählen, erscheint mir etwas zu überzogen. Sollten sich dadurch jedoch Unstimmigkeiten unter den Parteien in Bezug auf den Ausgang der Wahlen endgültig vom Tisch räumen lassen, dann wäre auch das in Kauf zu nehmen. Demokratie ist weder billig noch einfach.

Das sich die SPD bisher zierte und hinter Formalie versteckte, lässt nachvollziehen. Sollte die Neuauszahlung zu anderen Ergebnissen kommen, insbesondere in Rodenkirchen, fällt die Mehrheit von Rot-Grün im Rat der Stadt. Nicht nur das, der Kölner SPD-Vositzende Jochen Ott würde dann sein Mandat verlieren. Gerade aber in Rodenkirchen ist eine Neuauszählung wohl angebracht. Dort gibt es eine deutliche Abweichung bei der Stimmverteilung zwischen den Briefwahlergebnissen und der normalen Urnenwahl.

Aus meiner Sicht gibt es genau ein wirklich gutes Argument gegen eine Neuauszählung. Die ehrenamtliche Tätigkeit der Wahlvorstände wird damit in Frag gestellt, sogar entwertet. Unterschwellig wird ihnen unterstellt, die ordentlich gearbeitet zu haben. Im Prinzip ließe sich dann bei jeder Wahl das Wahlergebnis anfechten und eine Neuauszählung durchsetzen. Die Frage wäre hier, was auf längere Sicht schädlicher für die Demokratie ist. Mit ständigen Neuauszählungen wäre auch die Handlungsfähigkeit der gewählten Gremien stark eingeschränkt. Abstimmungen könnten nur noch unter Vorbehalt durchgeführt werden.

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