Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In den vergangenen Tagen hat sich die (Krimi-)Autorin Nele Neuhaus von ihren Facebook-Folowern verabschiedet — sie stellt ihre Aktivitäten bei Facebook ein. Ihren Schritt begründet sie wie folgt:

Aber ich musste feststellen, dass mir die Social Media Aktivitäten zu viel Zeit, Energie und Konzentration rauben, die ich zum Schreiben brauche.
Quelle: Nele Neuhaus | Facebook

Ihre Begründung ist soweit nachvollziehbar. Der Tag hat nun mal 24 Stunden. Die Zeit, die man mit Social Media Aktivitäten verbringt, fehlt an anderer Stelle. Es stellt sich dabei die Frage, ob der Schritt von Nele Neuhaus auch Vorbild sein könnte für andere Autoren. Niemand wird bestreiten, dass Facebook, Twitter und andere Social Media Kanäle Aufmerksamkeit-Staubsauber sind. Als Autor kann einem das Schreiben durchaus verloren gehen, je länger man sich im Netz tummelt.

Auf der anderen Seite stellt man Social Media gerade auch erst die Aufmerksamkeit her, die man für sein nächstes Buch benötigt. Insbesondere für Selfpublisher und eher unbekannte Autoren bietet Social Media Aktivitäten eine Chance, bekannter zu werden. Sich von Facebook zu verabschieden, muss man sich wohl auch leisten können. Wer so Auflagenstark wie Neuhaus ist, gewinnt durch Verzicht mehr Zeit. Andere Autoren dürften mit Sicherheit auch Zeit gewinnen, allerdings gleichzeitig auch potentielle Leser verlieren. Oftmals sind für die Facebook und Co die einzigen (und auch günstigsten) Möglichkeiten, für sich Werbung zu machen.

Die Frage also, ob der Schritt von Nele Neuhaus Vorbild sein könnte, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es kommt darauf an, in welcher Liga der betreffende Autor bereits „spielt“. Ganz persönliche halte ich für Autoren Social Media Aktivitäten für unverzichtbar, unabhängig davon, wie bekannt man bereits ist. Gerade über Plattformen wie Facebook und Twitter hat Möglichkeit, unmittelbar in Kontakt zu seinen Leserinnen und Lesern zu treten — oder zumindest den Anschein zu erwecken.

Genau wie öffentliche Lesungen gehören Social Media Aktivitäten zu den Dingen, die Leserinnen und Leser von Autoren erwarten. Man bekommt mit, wie das Buch entsteht, erfährt vielleicht sogar Dinge über das jeweilige Buch hinaus vom Autor. Nur ein Webseite zu haben, reicht längst nicht mehr aus. Verlage müsste an dieser Stelle überlegen, in welcher Weise sie ihren Autoren unterstützen können — selbst wenn sie nur vermittelnd tätig werden und dem Autor dabei helfen, eine PR-Agentur zu finden. Wobei es ehrlich gesagt eigentlich zu den Aufgaben eines Verlages gehören sollte, die Autoren in Bezug auf Facebook und Twitter an die Hand zu nehmen. Sie müssten es sein, die bei Bedarf die Social Media Aktivitäten stellvertretend für ihre Autoren in die Hand nehmen.

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