Poetry Slams sind mir mittlerweile geläufig. Eine vorgegeben Zeit, mehre Kandidaten mit ihren Texten, Abstimmung darüber wer, eine Runde weiter kommt. Völliges Neuland (um diesen, etwas überstrapaziert Begriff mal zu verwenden) war für mich ein Philosophie-Slam. Den gab es gestern Abend als Vorentscheidung in der Balloni Halle in Köln-Ehenfeld mit dem vielversprechenden Titel „Das Symposium schlägt zurück„.
Moderiert von Andreas Speer und Florian Werner traten 15 Kandidatinnen und Kandidaten an, zu einem freien Thema etwas zu sagen. Fünf Minuten Zeit hatten sie dafür. Es ergab sich daraus ein langer aber auch interessanter Abend. „Unterhaltsam“ verwende ich hier bewusst nicht als Begriff, den in einem Beitrag ging es genau darum. Kann Philosophie überhaupt unterhaltsam sein oder würde sie in diesem Fall nicht bereits ihr Ziel verfehlt haben?
Mit Namen, wenn ich sie mir nicht gerade aufschreibe, was ich gestern Abend leider versäume, habe ich es leider nicht so. Daher fehlt mir jetzt, beim Schreiben, eine vollständige Teilnehmerliste. Merken konnte ich mir dennoch zwei. Zum einen Alexander Bach, der als letzter an der Reihe war und den ich bereits von anderen „normalen“ Slams kannte und Lena Morgenstern. Die Dame ist mir deshalb in Erinnerung geblieben, weil ich ihren Auftritt sehr unangenehm fand. Sie überzog die Zeit als Einzige wirklich extrem, sprach viel zu laut und versuche in lyrischer Form, Philosophen durch den Kakao beziehungsweise Bier zu ziehen. Auch wenn ich alle ihre Anspielungen verstand (ich hatte auch mal Philosophie im Studium…), fand ich es einfach nur daneben – besonders auch deshalb, weil sich der Rest der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ernsthaft mit einem Thema auseinander setzte.
Wenn man als zweiten Beitrag des Abends ein Text über den frühen Tod des Bruders hörte, der im Nichtschwimmerbecken ertrank und der Slamer dann den Bogen spannt zum Thema Lebensfreude, dann kann man so was wie Morgenstern brachte nicht mehr mit Punkten bewerten – finde ich.
Der Beitrag des Gewinners vom letzten Jahr drehte sich um den Begriff der freien Entscheidung. Eine schöne Anknüpfung zum Donnerstag und „Schuld und Sühne“. In einem anderen ging es um „Nichts“. Es überraschte, wie viel man darüber sagen kann und wichtig eigentlich „Nichts“ ist.
Alexander Bach am Ende setzte sich damit auseinander, was es eigentlich bedeutet, gut zu leben. Es gibt keine pauschale Formel. Jeder sucht sich das aus, was für ihn am besten passt. Der Eine muss die Nacht zum Tag machen, während der Andere um 22 Uhr schlafen geht. Beide sind glücklich, auf ihre ganz persönliche Art.
Für das Finale heute werden die besten acht von gestern zu einem vorgegebenen Thema antreten. „Das (wilde) Tier in mir“. Weniger als 24 Stunden Zeit werden sie gehabt haben, sich dazu Gedanken zu machen, bevor sie wieder auf der Bühne stehen. Wäre ich dort üben, würde ich vermutlich mit einem Experiment beginnen. Die rechte Hand heben und die Zuschauer darum bitten, jetzt auch alle ihre rechte Hand zu heben:
Es geht im folgenden nicht darum, wer von ihnen rechts und links verwechselt hat, da sie mich ja entsprechend anders auf der Bühne wahrnehmen. Sondern um diejenigen unter ihnen, die keine Hand gehoben haben. Denken sie an das Tier in uns allen. Was hat sie dazu veranlasst, ihre Hand zu heben? War es Erziehung, Höflichkeit, gar Konditionierung? Und jetzt denken sie an die, die ihre Hand unten ließen. Wiederstand? Trotz? Faulheit oder Unvermögen? Ist es das gezähmte Tier, welches mit dem Schwanz wedelt und die Pfote hebt? Dann wären diejenige, die ihre Hand nicht hoben, das Wilde.
Nur so ein paar Gedanken unter der Dusche heute morgen.