Abends auf dem Weg nach Hause, auf den letzten Metern in der Siedlung. Oft ist zieren Asphalt und Pflastersteine bunte Kreidezeichnungen der Kinder aus der Siedlung. Manchmal sind sogar richtige Künstler dabei. Da keine Autos durch die Siedlung fahren, können die Kinder ungestört ihre Kreativität ausleben. Beim nächsten Regen verschwinden die Bilder wieder, ganz anders als Graffiti an den Wänden. Ganz ehrlich, mir gefallen die Zeichnungen aus Kreide, eben auch, weil sie aus Kreide und damit vergänglich sind.
Auf die Idee, Kreidezeichnungen wären eine Ordnungswidrigkeit. wäre ich von alleine nie gekommen. Sie schaden schließlich niemanden. In Jena scheint man da jedoch anderer Meinung zu sein. Dort antwortet das Dezernat Finanzen, Sicherheit und Bürgerservice auf eine Anfrage von Mike Niederstraßer für Jenapolis wie folgt:
rein rechtlich gesehen stellt das “Bemalen” der öffentlichen Straßen (auch mit Kreide) eine Verschmutzung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. a) der Ordnungsbehördliche Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Jena dar und kann auch, wenn der Verantwortliche der Verunreinigung gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung diese nicht unverzüglich beseitigt, als Ordnungswidrigkeit behandelt werden.
Hier wird aber nur das Nichtbeseitigen als Owig behandelt und verfolgt. Im Falle einer Mitteilung an und Zustimmung durch die Ordnungsbehörde, steht einer Straßenmalerei mit Straßenmalkreide nichts im Wege.
Quelle: Jenapolis
So was haut erstmal um. Na ja, denkt man, vielleicht ist man dort in Jena einfach ein bisschen zu genau. Hier in Köln würde doch niemand auf so eine Idee kommen. Leider weit gefehlt. In der Kölner Straßenordnung – KStO- vom 09. November 2010 findet sich unter § 5, „Verunreinigung und Verunstaltung des Straßenbildes“ folgendes:
Es ist nicht gestattet, die in § 1 bezeichneten Anlagen, Einrichtungen und Sachen sowie unbefugt private Grundstücke einschließlich ihrer baulichen Anlagen, soweit diese von der Straße aus einsehbar sind, zu beschreiben, zu bekleben, zu besprühen, zu beschmieren sowie zu bemalen oder dies zu veranlassen.
Dabei sind die unter § 1 genannten Anlagen sehr weit gefasst. Auf Grund der Widmung der Verkehrsflächen auf dem Siedlungsgelände „Stellwerk60“ gilt diese innerhalb der autofreien Siedlung als Fußgängerzone. Über die Einhaltung der Nutzung wacht das Ordnungsamt der Stadt Köln. Das impliziert dann die Gültigkeit der KStO.
Ob auch bei uns demnächst Eltern ermahnt werden? Oder wird gar der Verkauf von Straßenkreide untersagt, zur Vorbeugung von Ordnungswidrigkeiten? Zumindest müssen die als Heiligen drei Könige Anfang des Jahres herumlaufenden Kinder keine Angst haben, denn ihr mit Kreide aufgetragenes „20*C+M+B+14“ befindet sich über dem Türrahmen und damit außerhalb der Gültigkeit der KStO.
Es ist schon traurig, für was alles Regeln in Deutschland gibt. Manche scheinen ein Beleg dafür zu sein, dass der gesunde Menschenverstand nur eine Illusion ist.