Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gedanken zu den Paywall-Plänen beim KSTA

Ende vergangener Woche wurde man als Besucher der Webseiten des Kölner Stadt-Anzeigers aufgefordert, an einer Umfrage teilzunehmen. Aus Interesse und Neugier ließ ich mich darauf ein und war recht erstaunt, um was es eigentlich im Kern dabei ging. Der KSTA will, so erweckt es den Eindruck, die Bereitschaft seiner Leser abfragen, künftig mehr für die gleichen Inhalte zu bezahlen — anders kann man es wohl kaum auf den Punkt bringen.

Derzeit gibt es die Inhalte der Webseite kostenlos, für die Printausgabe der Zeitung muss an ebenso bezahlen wie für die digitale Ausgabe auf dem iPad. Zudem erhalten Abonnenten kostenlos die ePaper-Version als PDF. Als Abonnent schätze ich gerade diese Möglichkeit, einzelne Artikel noch mal in digitaler Form für mich persönlich archivieren zu können. Andere Zeitung wie zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung lassen sich von ihren Abonnenten den Zugriff auf die ePaper-Version noch mal extra bezahlen.

Es hat den Anschein, dass auch beim KSTA Überlegungen in diese Richtung gehen. Gleichzeitig, so lassen einige Fragen vermuten, wird über die Einrichtung einer Paywall für die Internetpräsenz nachgedacht. Die bisherige umfangreiche Berichterstattung gäbe es im Netz nur noch gegen Bezahlung.

Welche möglichen Preise damit verbunden sein können, erfuhr man auch im Rahmen der Umfrage:

ksta-umfrage-02-2014

Bisher zahle ich als Abonnent 29,90 Euro im Monat für die gedruckte Zeitung. Inklusive dazu habe ich Zugriff auf die ePaper-Version (PDF). Laut Tabelle würde mich das in der Zukunft dann 41,90 Euro kosten. Das sind 12 Euro mehr als bisher, eine Preissteigerung, die für mich im keinem Verhältnis steht. Das wäre für mich schon fast ein Grund, auf den KSTA als Papierversion vollständig. Eine gedruckte Zeitung ist mir eine lieb gewonnen Gewohnheit, an der ich aber nicht um jeden Preis festhalte. Und wenn ich schon eine rein digitale Tageszeitung morgens lese, dann kann ich für einen Preis von 19,90 Euro im Monat auch gleich die Süddeutsche Zeitung nehmen.

Selbstverständlich kann ich nachvollziehen, dass auch Redakteure, genau so wie ich auch, für ihre Arbeit bezahlt werden wollen. Allerdings sehe ich nicht ein, für ein bereits bezahltes Produkt noch mal zu zahlen. Mit dem Abo der Printausgabe habe ich bereits meinen Beitrag für die Nachrichten entrichtet. Die PDF-Version ist inhaltlich völlig identisch und bietet zumindest in Bezug auf die enthaltenen Informationen keinerlei Mehrwert. Sie ist nur in Bezug auf die Archivierung für mich bequemer, als wenn ich die Artikel ausschneide und aufhebe — als Autor kann man bestimmte Artikel als Anregung immer gebrauchen.

Die digitale Version des Kölner Stadt-Anzeiger für das iPad haben meine Frau und ich zwei Jahre lang ausprobiert. Sie bietet mit hochauflösenden zusätzlichen Fotos, Infografiken und Videos einen tatsächlichen Mehrwert. Für uns beide ist es aber nicht die Form, in der wir eine Tageszeitung konsumieren wollen. Zudem kann man Artikel beim iPad nicht dauerhaft archivieren.

Die Internetseite vom KSTA nutze ich extrem selten – hauptsächlich eigentlich um von dort aus zum Zugang zur ePaper Ausgabe zu kommen. Für kurze aktuelle Information schätze ich dagegen die Twitter-Accounts vom KSTA. Die Webseite selber vom KSTA ist für meinen Geschmack zu überladen, wirkt unübersichtlich und die Menge an Werbung lädt auch nicht gerade zum längeren Verweilen ein. Würden die Inhalte hinter einer Paywall verschwinden, würde ich das für mich nicht als Verlust empfinden. Das beantwortet allerdings noch nicht die grundsätzliche Frage, wie ich zu einer Paywall stehe.

Ob eine Paywall böse ist und die Freiheit des Internet bedroht, ist schon eine unsinnige Annahme. Die meisten Menschen sollten einsehen, dass Dinge nunmal Geld kosten und jeder von uns Haus, Essen und anderes bezahlen muss. Es geht daher aus meiner Sicht nicht um das ob, sondern das wie. Werden mir als Abonnent hinter einer Paywall die gleichen Inhalte geboten, die ich schon bei der Printausgabe bezahlt habe, ist es die schlechteste aller Varianten. Dann sollte die Paywall nur für Nicht-Abbonnten sein, für Abonnenten jedoch ohne zusätzliche Kosten durchlässig. Werden hinter der Paywall exklusive Artikel und Hintergrundinformationen angeboten, ist auch eine weitere Bezahlung durch Abonnenten für diesen Service durchaus gerechtfertigt.

Das Thema ist jedoch noch weitaus komplexer. Wenn auf der Webseite des KSTA alle normalen Zeitungsinhalte sowohl für Abonnenten als auch andere Leser kostenlos abrufbar sind, fragt sich der Abonnent selbstverständlich, wofür er Geld bezahlt — für totes Holz, welches ihm ein Zusteller morgens in den Briefkasten legt. Ein möglicher Ausweg wäre hier der, den andere Verlage schon beschritten haben. Die Inhalte im Web stehen erst mit zeitlicher Verzögerung zur Verfügung, so dass ich als Abonnent einen Informationsvorsprung habe. Problematisch ist es nur bei Meldungen mit geringer Halbwertszeit. Wenn es in Köln nach Schwefel riecht, will ich sofort wissen, warum. Da bietet die Internetseite des KSTA einen enormen Vorteil, den gedruckt habe ich die Informationen erst am Morgen des nächsten Tages. Und wenn der KSTA nicht zeitnah online darüber berichtet, dann werden es andere machen.

Genau an dieser Stelle wird eine Paywall zum Risiko. Würde ich beim KSTA für die Artikel hinter der Schlagzeile „Shell ist verantwortlich für den Gestank“ bezahlen, um zu erfahren, was es mit dem Schwefelgeruch in Köln auf sich hat, wenn ein anderer Onlinedienst ebenfalls, allerdings ohne Paywall darüber berichtet? Auch bei besserer Berichterstattung würde ich als Abonnent doch so verfahren: für den zeitnahen Bericht die kostenlose Version, dann für die Hintergrundinformationen den Artikel in der Printausgabe vom KSTA.

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