Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mitte der Woche schlug bei Watchever eine Dokumentation auf, von der ich vor einem halben Jahr bereist etwas bei Zeit Online gelesen hatte. Irgendwas mit Rollenspielern. Das ist allerdings stark verkürzt, denn bei Wochenend Krieger geht es nicht um irgendwelche Rollenspieler, sondern um eine ganz spezielle Gruppe, die so genannten Liverollenspieler.

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Uneingeweihte Zeitgenossen werden bereits ahnungslos die Schulter zucken, wenn der Begriff „Rollenspiel“ überhaupt fällt. Vielleicht ordnen sie es dem Bereich der Psychotherapie zu oder haben, mit etwas Glück, mal etwas von Computerspielen gehört, die etwas mit Rollenspiel zu tun haben. Dabei ist hat das, was auf dem Computer unter den Begriff „Rollenspiel“ läuft, so viel mit eigentlichem Rollenspiel zu tun wie sagen wir mal Fußballspiel am Samstag nachmittag auf dem Bolzplatz mit „FIFA 2014“ auf der Konsole.

Rollenspiele gab es bereits zu einer Zeit, als Computer wenn überhaupt als so genannte „Heimcomputer“ zu bekommen waren und das Internet nur etwas, was man aus Science Fiction Romanen kannte. Mein erste Kontakt mit Rollenspielen war „Dungeon & Dragons„, eines der ersten dieser Art und aufmerksamen Zuschauern vielleicht sogar bekannt aus dem Film „E.T.“. Da man dieses Spiel in Wesel nirgends bekam, sind wir damals zu zweit nach Köln gefahren, um es zu erstehen (Internetbestellung gab es auch noch nicht). Es blieb nicht bei D & D, sondern es folgten eine Reihe weiterer Rollenspiele. MERS (Mittelerde Rollenspiel, kaufte ich mir in einem Landen in Bonn), Midgard (ein Spieleladen irgendwo hinter dem Duisburger Hauptbahnhof), Shadowrun, Chtullu, Bushido und Paranoia. Um das Schwarze Auge machten wir dagegen einen großen Bogen (das war früher so eine ähnliche Sache wie Atari und Commodore).

Alle diese Rollenspiele waren so genannte Pen & Paper Rollenspiele. Man saß mit den Regelbüchern, Würfeln, Stift und Papier mit mehreren Mitspielern an einem Tisch und hatte einen Spielleiter (oder auch Meister genannt). Der Spielleiter führte die Gruppe durch ein Abenteuer, sorgte für die Einhaltung der Regeln und war für alle Figuren und Wesen zuständig, denen die Gruppe bei ihrem Abenteuer begnete. Der für mich besondere Reiz lag (und liegt auch noch immer) bei Rollenspielen darin, dass man nur mittels seiner Fantasy eine Welt zu seinen Füßen liegen hat. Gemeinsam mit seinen Mitspielern Lösungen für Aufgaben sucht, Monster bekämpft und vor allem selbst ungewöhnliche Lösungswege beschreiten kann. Kein Computer, der einem Grenzen der Spielwelt immer wieder vor Augen führt, sondern ein Spielleiter, der flexibel auf die Situationen reagieren kann.

Ich merke gerade, ich komme etwas ab vom eigentlichen Thema, dem Liverollenspiel (LARP). Für mich war das eher weniger etwas, auch wenn ich diejenigen Mitmenschen, die auf diese Art und Weise ihre Freizeit füllen, nicht für Spinner halte. Eher bewundere ich sie. Liverollenspieler bestreiten die Abenteuer nicht am Tisch in der sicheren Wohnung, sondern in freier Wildbahn. Statt eines Charakterbogens, der die Fähigkeiten und Eigenschaften ihrer Figur festlegt und das Aussehen beschreibt, schlüpfen sie selber in die Rolle. Dabei werden sich zum Teil aufwendige Kostüme (Gewandungen) angefertigt und angezogen. Man spielt nicht einen untoten Heerführer, sondern man ist einer. Dabei gibt es bei einem Liverollenspiel genau wie bei der Pen & Paper Version Regeln und Personen, die sich um deren Einhaltung kümmern.

So viel zum Hintergrund. Viel besser und vor allem lebendiger bringt die Dokumentation „Wochenend Krieger“ das Ganze rüber. Dabei ist der Film niemals hämisch oder überheblich, sondern einfühlsam. Die Menschen hinter der Figur werden genauso gezeigt wie das Setting. Es wird so stimmungsvoll in Szene gesetzt, dass man als Zuschauer Anteil nimmt an einer packenden Geschichte. Wochenend Krieger ist eine Hommage an das Liverollenspiel. Wer etwas über das Hobby erfahren will oder aber selber Rollenspieler ist, für den ist diese Dokumentation ein absolutes Muss. Allen anderen Mitbürgern sei sie aber auch ans Herz gelegt, um ihre Vorurteile (von denen es eine Menge gibt) abzubauen.

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