Der Mathematikunterricht in der Schule, den ich genossen, liegt schon lange zurück. Wenn man nicht täglich mit höherer Mathematik im Leben konfrontiert ist, verblassen die Fähigkeiten, die man mal beherrschte. Bei den Binomischen Formeln weiss ich gerade mal noch, dass es drei waren. Alles andere müsste ich mir zusammensuchen.
Die Grundrechenarten hingegen verlernt man nicht so schnell. Auch schriftliche Division fällt mir leicht. Summen überschlagen, Dreisatz, Preise vergleichen. Im Bereich der Geometrie sieht es dann wieder schlechter aus. Grob geschätzt ist der gesamte Matheunterricht der Oberstufe für die Katz gewesen.
Es gibt allerdings noch etwas, an das ich mich ziemlich gut erinnern kann. An den Taschenrechner, den wir in der Schule nutzen durften. Ein bestimmtes Modell war damals nicht zwingend notwendig. Teuer waren die Geräte dennoch. Von meinem Vater bekam ich damals einen gebrauchten Taschenrechner, der etwas mehr konnte als die Rechner meiner Mitschüler. Einen Casio fx-180p, mit fotokopierter Anleitung. Den Taschenrechner habe ich heute noch und er funktioniert sogar — ein robustes Gerät. Die Anleitung ist vermutlich bei einem der Umzüge verloren gegangen. Ist nicht weiter schlimme, denn auch mit Anleitung habe ich früher nur einen Bruchteil der Funktionen des Gerätes genutzt.
Von der achten bis zur dreizehnten Klasse, meine ich, hat mich der Rechner begleitet. Für den Mathematikunterricht reichte das Gerät allemal aus. Die meisten Rechnungen wurde ehedem schriftlich gemacht, wichtig war vor allem der Lösungsweg. Wenig genutzt hat der Rechner bei Funktionsgraphen, der Ermittlung von Nullpunkten und ähnlichen Dingen.
In über 25 Jahren entwickelt sich eine Menge. Längst gibt es modernere Taschenrechner, wie zum Beispiel den FX-CG20 von Casio. Ein grafikfähiger Taschenrechner, der auch noch so Dinge wie Tabellenkalkulation und Finanzrechnung beherrscht. Rund 100 Euro kostet das Gerät. Die Anschaffung eines solchen Rechners ist in Nordrhein-Westfalen mittlerweile verpflichtend geworden, festgelegt durch das Schulministerium mit der Empfehlung, möglichst genau das Modell auch zu erwerben.
Ein Taschenrechner für 100 Euro, dass ist viel Geld. Ehrlich gesagt wäre es meinen Eltern damals schwer gefallen, mir so ein Gerät mal eben zu kaufen. Zudem fällt es mir schwer, Nutzen und Sinn in der Anschaffung auszumachen. Mein alter Taschenrechner würde für den Unterricht möglicherweise auch noch ausreichen. Zumindest im Studium hat er mich noch treu begleitet — zu meinen Fächern gehörte auch Mathematik. So was wie Tabellenkalkulation auf einem Display zu machen, was nicht mal halb so groß ist wie das vom iPhone, halte ich für ziemlich sinnfrei und mühsam. Überhaupt, Smartphones. Für iOS gibt es ein App mit dem Namen MATH 42. Die kostet 89 Cent und kann in ihrem Bereich weit aus mehr als der Rechner von Casio.
Nun sollen aber alle Schüler die gleichen Ausgangsbedingungen haben und zudem würde ein Smartphone, so die Argumentation, zum schummeln verleiten. Meiner Meinung nach fadenscheinige Gründe. Genauso wie die Argumentation für den Rechner von Casio, der zu einem „kreativen Umgang mit mathematischen Fragestellungen“ führen soll. Mogeln ist auch ein kreativer Umgang mit Fragestellungen. Die Schüler von Routineberechungen zu entlasten, wie es sich das Schulministerium vorstellt, halte ich auch für den falschen Weg. Das führt letztendlich nur dazu, dass man nicht mal mehr den Weg zur Lösung einer Rechnung nachvollziehen kann.
Bei alle dem, was ich vergessen habe, bin ich zumindest dank des Unterrichts noch in der Lage, eine Lösung zu verstehen, wenn ich sie sehe. Und ich kann, wie bereits erwähnt, ganz gut Summen überschlagen und meine Schlüsse ziehen. Für mich sieht das, was Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) dort festgelegt hat wie ein Konjunkturprogramm für Casio aus. Eine Schule, eine Klasse, 30 Kinder, je 100 Euro. Das sind dann schon mal 3.000 Euro. Das kann jeder selber fein hochrechnen. Wie lange der FX-CG20 hält, weiss zum jetzigen Zeitpunkt keiner. Das er so robust ist wie mein alter Taschenrechner, wage ich zu bezweifeln.
Wenn man mit den Schülerinnen und Schülern modernen Mathematikunterricht machen will, warum setzt man dann nicht stärker auf Programme wie das kostenlose GeoGebra? Die Computer dafür gehören zu Ausstattung der Schüler und müssen nicht von den Eltern extra bezahlt werden. Den grafikfähigen Taschenrechner, überrings, bekomme viele Mathematik-Lehrer zu deutlich besseren Konditionen als ihre Schüler.
2 Kommentare
Hmm, wenn ich mich recht entsinne (dunkel, aber recht) hätte bei ein er gemeinsamen Mathe-Lehrkraft nicht mal ein Cray-Supercomputer mit holographischem Projektor geholfen, da diese ‚Leerkraft‘ keinen Schimmer von Mathe hatte…
p.s.: … gibt es Deinen kleinen Sharp-Taschenrechner noch?
Den kleinen Basic-Rechner. Ja, den habe ich noch :-)